Wunderschönes Buch

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jiskett Avatar

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Kurzbeschreibung:
Wie Kreide, vom Regen zu einem weißen Schleier verwaschen, begannen seine Umrisse zu verschwimmen und seine Konturen schwanden, beinahe unmerklich. Im einen Moment sah Elsa einen Mann vor sich und im nächsten nur noch eine graue Silhouette. Seine Haut wurde zu Nebel. Die Sonne hinter ihm ließ ihn erstrahlen und umrahmte ihn mit ihrem goldenen Schein, bis er nichts mehr von einem Mann an sich hatte, sondern immer mehr einer Wolke glich, die durch Zufall die Form eines Menschen angenommen hatte." Finn ist kein gewöhnlicher Mann, ihn umgibt ein Geheimnis. Es ist der Grund für sein Einsiedlerleben und der Grund, warum die Einwohner von Thunderstown ihm nicht wohlgesinnt sind. Doch trotz aller Gerüchte und Anfeindungen hält Elsa zu Finn. Gemeinsam versuchen sie, ihre Liebe gegen all die Widerstände zu behaupten...
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Der Autor:
Ali Shaw wurde 1982 geboren und wuchs in einer kleinen Stadt in Dorset, Großbritannien, auf. Nach seinem Abschluss in Englischer Literatur an der Universität von Lancaster arbeitete er als Buchhändler und in einer Bibliothek in Oxford. Sein Debüt Das Mädchen mit den gläsernen Füßen war ein großer Überraschungserfolg und wurde in 18 Sprachen übersetzt. Gerade hat Ali Shaw seinen zweiten Roman beendet.
[http://www.script5.de/autoren/autor-19244_shaw_ali.html]

Meine Meinung:
Im Gegensatz zu vielen, die bereits Shaws Erstling gelesen haben, kannte ich "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" nicht. Deshalb wäre mir das Buch vielleicht nie aufgefallen... wären da nicht das sehr schön gestaltete Cover und der eher ungewöhnliche Titel gewesen. So aber fesselte bereits die kurze Leseprobe mich.
Shaws Stil ist... einfach märchenhaft. Eher ruhig, dabei aber sehr bildhaft - man hat die ganze Zeit das Gefühl, neben den Figuren zu stehen - und poetisch. Er beschreibt sehr detailiert, was mir persönlich sehr gut gefällt und dafür sorgt, dass man sich alles genau vorstellen kann. Auch, wie beiläufig er die Fantasyelemente einwebt und wie selbstverständlich sie wirken, hat mir gut gefallen. Durch zu lange Erklärungen hätte das fantastische seinen Zauber verloren und wäre vermutlich viel zu nüchtern geworden. Dadurch, dass die komplette Geschichte sehr realistisch beschrieben ist, ist man deshalb geneigt, die Fantasy-Elemente ebenfalls als "gegeben", als echt, anzuerkennen.
Obwohl zunächst nicht viel passiert, taucht man bereits zu Beginn tief in die Geschichte ein und beginnt, sich für die Protagonistin zu interessieren. Alle Personen sind hierbei gut ausgearbeitet und haben viel Tiefgang. Sie sind keine perfekten Übermenschen, sondern haben Verletzungen davon getragen und haben sich daraufhin weiterentwickelt. Dadurch wirkt auch die Liebesgeschichte realistisch und versteht es, den Leser zu verzaubern. Man fühlt mit den Hauptpersonen mit und hofft, dass sie das Ende bekommen, das sie verdienen.
Ich habe gelesen, dass manche das Gefühl hatten, die Geschichte plätschere nur vor sich hin. Ich hatte diesen Eindruck nicht. Es mag zwar nicht besonders viel Spannung erzeugt werden, allerdings binden die interessanten Charaktere und der wunderschöne Schreibstil so sehr an die Geschichte und ziehen den Leser in einen Sog, aus dem man nicht auftauchen kann - und es auch gar nicht möchte. Ja, es wird kaum Spannung aufgebaut - aber die Beschreibungen sind so wunderschön, dass man trotzdem weiter lesen möchte. Natürlich muss man den Stil, den der Autor wählt, mögen - er ist bestimmt nicht jedermanns Fall. Wenn man ihn jedoch zu schätzen weiß und mag, beschert einem das Buch wunderschöne Lesestunden.
Obwohl das Buch eine eher melancholische Grundstimmung hat, hat es mir ein Lächeln auf die Lippen gezaubert und ich habe es sehr gerne gelesen.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass "der große Knall", der natürlich kommen musste, um Spannung zu erzeugen, mir zu aufgesetzt war. Jeder hätte erkennen müssen, dass die Protagonisten gerade einen unheimlich dummen Fehler zu begehen. Deshalb hatte ich das Gefühl, es müsste schnell eine spannende Situation erzeugt werden. Es wirkte erzwungen und ich hätte mir eine bessere, stimmigere Lösung gewünscht, um noch einen Spannungsbogen fürs Finale aufzubauen.

Doch trotz dieses Mankos - "Der Mann, der den Regen träumt" ist ein umwerfend schönes Buch, das ich jedem empfehlen kann, der auf poetisch geschrieben Bücher steht :)