Das Glück ist auf den Rücken gefallen

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miss marple 64 Avatar

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Ein auf dem Rücken liegender Marienkäfer als Cover des Buches- eigentlich soll er ja Glück bringen, dieser Käfer. Aber wenn er erst einmal auf dem Rücken liegt, gelingt es ihm selten oder nie von allein wieder auf die Beine zu kommen. Welche tolle Idee für das Cover dieses Buches! So ist das Unglück, wie ja auch der Titel besagt, Martins steter Begleiter.
Martin, der sich nach einem Selbstmordversuch in einer psychiatrischen Einrichtung befindet, erinnert sich mit Hilfe der Fotokiste seiner Mutter an verschiedene Stationen seines Lebens. Er erinnert sich an seinen nichtvorhandenen (imaginären) Bruder, an die Mutter, die an Brustkrebs stirbt. Wie er sie ein letztes Mal enttäuschte, als er zu spät kam, als sie starb. Das geht schon unter die Haut! Martins Vergangenheit ist eine Aneinanderreihung tragischer Ereignisse, von denen schon eins reichen würde, einen normalen Menschen in Therapie zu bringen.
An dieser Stelle sei aus dem Inhalt nicht zu viel verraten. Das muss man einfach selbst erlesen. Ich finde, der Klappentext des Buches bzw. die Buchbeschreibung hier bei vorablesen.de verraten schon zu viel.
Martin befindet sich ständig zwischen Realität und Erinnerung. So wechselt der Autor von Kapitel zu Kapitel auch die Perspektiven. Einmal erlebt der Leser Martin und seine Mitpatienten Daniela und Alexander, die ihm irgendwie zu Freunden werden, in ihrem Klinikalltag. Im nächsten Kapitel durchleben, besser durchleiden wir mit Martin seine Kindheit und Jugend bis zum frühen Erwachsenenalter.
Martin befindet sich auf einer Reise zu sich selbst- was ja sicherlich auch Ziel einer Therapie sein soll. Hat er bisher angenommen, vom Pech verfolgt gewesen zu sein, keinen Einfluss auf sein Schicksal nehmen zu können, glaube ich, erkennt er zum Schluss, dass er sehr wohl durch aktives Handeln in seinem Leben etwas verändern kann. So ist sein „Schrei, der in die Geschichte dieser Stadt eingehen sollte“(S.395) am Ende des Romans Ausdruck einer inneren Befreiung und einer Freude am eigenen Leben.
Der Roman ist jetzt nicht gerade „große Literatur“, aber dem Autor gelingt es in meinen Augen, den Leser dazu anzuregen, über das Leben und die Frage: Was wäre, wenn ich an dieser oder jener Stelle anders entschieden hätte?- nachzudenken.