Ist der Mensch böse...?

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singstar72 Avatar

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Eine kuriose Leseprobe haben wir da. Sie ist aus ganz verschiedenen Stellen des Buches entnommen – was eventuell Sinn macht. Denn wir haben es auch mit verschiedenen Textsorten zu tun. Insgesamt finde ich die Leseprobe aber immer noch zu kurz, wenn man bedenkt, dass nach Abzug des Inhaltsverzeichnisses und des mageren Vorworts gerade mal 10 Seiten übrig bleiben.

Der Autor ist scheinbar Blogger und/oder YouTuber, was man meiner Ansicht nach auch merkt. Die Sprache und der ganze Stil sind auf Publikumswirksamkeit ausgerichtet. Das – sehr kurze – einleitende Vorwort ist beinahe schon viktorianisch in seinem „Gaslicht“-Stil… man soll an eine einsame junge Frau im Park denken… doch nein, meist seien die Täter im persönlichen Umfeld zu finden. So weit, so bekannt.

Danach folgen drei bis vier Seiten über den Hotel-Mörder von Chicago, H. Holmes. Von diesem historischen Fall habe ich schon vielfach gehört und gelesen; u.a. in einem Buch des bekannten Forensikers Mark Beneke. Und dort sprachlich sogar etwas anspruchsvoller. Der Autor dieser Leseprobe nun ergeht sich in zahlreichen Vermutungen und blumigen Umschreibungen. Doch die Leseprobe bricht ab, noch bevor das Hotel überhaupt errichtet ist…!

Die nächsten zwei Seiten haben zunächst den Anschein eines Interviews, weil sie in Fragen und Antworten aufgeteilt sind. Effekthaschend sind sie mit Tatort-Absperrband am Rand verziert, was aber meiner Meinung nach in einem seriösen Sachbuch überflüssig ist. Letztlich ist es auch gar kein Interview, sondern ein Gespräch des Autors mit sich selbst. Er selbst beantwortet die Fragen, was man indirekt herauslesen kann, da er von einer eigenen Erfahrung im Alter von 13 Jahren berichtet. Okay, Computerkriminalität ist sicherlich ein wachsendes Gebiet. Aber dies auf zwei Seiten abzuhandeln…? Ich weiß ja nicht…

Die letzten paar Seiten sind nun tatsächlich ein Interview mit einem forensischen Psychologen, wenn ich das richtig verstanden habe. Aber auch dieser Abschnitt bleibt für mich unbefriedigend, weil er mitten aus dem Zusammenhang entnommen ist. Es geht um einen „Fall Rebecca“, in dem wohl ein Verwandter verdächtigt worden ist. Man muss sich die Zusammenhänge hier selber zusammenreimen. Der Abschnitt ist vielleicht insofern interessant, als der Psychologe zu erklären versucht, warum man trotz eines Mangels an Beweisen weiterhin den Verwandten für schuldig hält, und wie die schlussfolgernde Vorgehensweise in einem solchen Fall ist.

Hm!! Ganz uninteressant ist das Buch für mich nun nicht. Sicherlich wird es flott wegzulesen sein. Und natürlich wird – sinnigerweise – in einem Buch über rätselhäfte Kriminalfälle von genau 13 Fällen berichtet… Ich würde es durchaus lesen. Im Moment aber noch mit Vorbehalten. Im Bereich „True Crime“ gibt es bereits andere etablierte Größen, wie eben Beneke oder Tsiokos. Mal schauen.