Den Panzer abwerfen

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gkw Avatar

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Der Panzer eines Hummers wächst nicht mit und so wird es für ihn irgendwann zu eng und schmerzhaft. Er zieht sich zurück an eine verborgene Stelle, wirft den Panzer ab und wartet, bis ihm ein neuer, größerer gewachsen ist. Dann macht er sich wieder auf.

An dieser Stelle scheinen die Geschwister und auch die anderen Personen des Buches zu sein: Ihr Panzer ist zu klein geworden, was nun? Schmerz ertragen oder in Ruhe Vorkehrungen für einen passenden machen?
Die drei Geschwister der Familie Gabel haben unterschiedliche Lebenswege gewählt, ihre familiäre Vorgeschichte spielt bei allen eine Rolle.
Alle drei sind auf ihre Art verwirrt und etwas einsam, mit ihrer Lebenssituation latent unzufrieden. Sie sind sehr authentisch, machen Fehler, ich mochte sie alle.
Ein eigenartiges Buch mit Menschen, die einerseits völlig normal sind, andererseits aber doch auch merkwürdig. Sie haben ihren Alltag und typische Probleme, alles nichts Besonderes. Es ist für mich schwer greifbar warum, aber ich habe das Buch sehr gerne gelesen.

Das Buch ist flüssig zu lesen, mit jedem Kapitel wechselt die Perspektive, manche Abschnitte (Perspektive der verstorbenen Mutter Charlotte) sind sehr poetisch und melancholisch, auch Humor klingt manchmal durch.
Es ist eine überwiegend bildhafte Sprache, teilweise sehr direkt und die Autorin ist nicht zimperlich mit dem, was sie uns erzählt.

Es geht um Familie, um Beziehungen zwischen Männern und Frauen, Beziehungen zwischen Frauen, Eltern-Kind Beziehungen und Lebenskonzepte.

Das Buch würde sich hervorragend eignen, es gemeinsam in einem Lesekreis zu lesen und zu besprechen, sich auszutauschen, wie man die Situationen und Personen sieht und was man darüber denkt. Am Ende bleibt vieles offen und ich hätte gerne weiter am Leben dieser einerseits normalen, andererseits doch eigenartigen Menschen teilgenommen.

Insgesamt ein schwer greifbares, aber auch sehr tolles Buch.

Das Cover ist "Diogenes-typisch" schön, wobei ich mich natürlich frage, warum ein Bild mit zwei Personen (statt drei oder mehr) ausgewählt wurde.