die Geschichte konnte mich nicht berühren

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
mrs-lucky Avatar

Von

Der Roman „Der Panzer des Hummers“ von Caroline Albertine ist keine einfache Kost. Er beleuchtet wie mit einem Spotlight fünf Tage in dem Leben dreier Geschwister und mit ihnen verbundener Personen.
Nach dem frühen Tod der Eltern gehen die Geschwister der Familie Gabel ihre eigenen Wege. Die älteste Schwester Ea lebt in San Franzisko, Sidsel ist alleinerziehende Mutter und arbeitet als Restauratorin in einem Kopenhagener Museum, während der jüngste, Niels, sich aktuell als Plakatierer durchschlägt und zur Untermiete bei einem Freund wohnt, während er ansonsten viel auf Wanderungen durch Europa unterwegs ist. Die drei haben kaum miteinander Kontakt, der Leser erfährt im Verlauf, dass schon in ihrem Elternhaus der Grundstein für ihr Problem gelegt wurde, feste Beziehungen einzugehen. In den Tagen, an denen der Leser an ihrem Leben teilhaben darf, stehen alle drei Geschwister an Punkten in ihrem Leben, an denen sie Entscheidungen treffen müssen, die entscheidende Weichen für ihren weiteren Lebensweg stellen. Während Sidsel und Niels dadurch näher in Kontakt zueinander treten, sucht Ea mithilfe eines Mediums Nähe zu ihrer verstorbenen Mutter, um ihre Vergangenheit aufarbeiten zu können.
Die Charaktere und ihre Handlungen sind nicht einfach zu verstehen, auch wenn man an ihre tiefsten Gedanken und Gefühlen teilhat. Zum einen sind es nur wenige Tage, die man die Figuren begleitet, zum anderen gibt es noch einige Nebenfiguren wie das Medium Beatrice oder Eas Lebensgefährte Hector, aus deren Sicht die Ereignisse geschildert werden. Eingeschoben sind zusätzlich Gedanken und Streitgespräche der verstorbenen Eltern aus dem Jenseits, die die zum Teil bizarre Szenerie unterstreichen. Trotz der Personenliste am Anfang des Romans ist es nicht immer einfach, bei den Perspektivwechseln den Überblick zu behalten und die Verflechtungen der Beziehungen nachzuvollziehen.
Die Stimmung ist bei allen eher düster bis melancholisch, alle sind mit ihrer Lebenssituation auf die eine oder andere Art unzufrieden. Wie ein Hummer beim Wechsel seines Panzers wirken die drei Geschwister schutzlos während dieser Phase, in der sie über ihr bisheriges Leben nachdenken und neue Wege einschlagen. Mir ist es schwergefallen, mit den Charakteren warm zu werden oder gar Sympathien für sie zu entwickeln, dazu ist der Zeitraum zu kurz. Die vielen Perspektivwechsel erschweren es, am Ball zu bleiben. Der Roman bietet einige interessante Ansätze, mir persönlich ist er zu destruktiv und ich konnte mich zu wenig darin wieder finden, um für mich etwas heraus zu ziehen.