Kein Plan: der moderne Roman - wo ist der Plot?

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wandablue Avatar

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Kurzmeinung: Eintönig.

Alles, was die Autorin interessiert, alles hinein, sagt sie im Interview am Ende des Buches, sie habe nämlich nach der Carrier-Bag-Theorie geschrieben, alles in einen Topf - und dann umgerührt. Man kann kaum erwarten, dass diese Methode zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt.

Die vorgestellten Personen Ea, Sidsel und Niels, drei Geschwister und dann noch Bea, eine Seherin, deren Rolle in der Story vage ist, bleiben irgendwie in der vorgestellten Geschichte stecken. Ich möchte das Bild gebrauchen vom Bildhauer, der seine Figuren aus dem Stein haut, man kann schon Umrisse und Details erkennen – aber dann läßt der Bildhauer den Meißel sinken. Modern unvollendet. Wer soll das kaufen? Wem kann man es andrehen?

Die Autorin verlässt sich auf tausend Einzelheiten, die zum Teil unappetitlich sind, um zu interessieren, lässt aber einen roten Faden, einen richtigen Plot vermissen. Fehlender Plot mag zu Buchpreisen führen, nicht zu Lesevergnügen. Geister kommen auch drin vor. Bei Geistern bin ich sowie so raus.

Zudem wird das Buch falsch beworben. Es handelt sich eben nicht um interagierende Geschwister, die miteinander oder auch gegeneinander um die Deutungshoheit ihrer Kindheit ringen. Die Geschwister leben ein voneinander fast abgetrenntes Leben und nähern sich auch nicht an. Das ganze Gedöns ist fast unerträglich langweilig, weil es keinen Zusammenhang hat.

"Der Panzer des Hummers" ist also nichts weniger als ein Familienroman, obwohl das Thema Familie natürlich vorkommt. Geschwister und so. Es ist ein Roman über die Einsamkeit des Städters. Oder ein Roman über die Verlorenheit in der Moderne. Alleinerziehende, Seancen mit Geistern, Fluchten, Sex, das alles hat ja Potential. Es reicht aber nicht, wahllos einige merkwürdige, durchaus originelle Details, aneinander zu reihen, um eine Atmosphäre von kalter Tristesse zu erzeugen: wie anders macht das Paul Auster. Mit wie wenig Personal kommt er aus. Ein kurioser Einfall - und der Roman über die Moderne ist fertig.

Hier: leider Fehlanzeige.
Mit Plot wäre es besser geworden!

Fazit: Eine einfache Syntax konkurriert mit einer langweiligen Story. Auch gelegentliche Obszönitäten reißen da nix raus, ganz im Gegenteil.

Kategorie: Unterhaltung.
Verlag: Diogenes, 2021