So nah und doch so fern

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kirathiele Avatar

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Nach dem Tod ihrer Mutter, dem Mittelpunkt der Familie, entfernen sich die Geschwister Ea, Sidsel und Niels immer weiter voneinander. Die Älteste Ea zieht es nach San Francisco, wo sie mit ihrem Partner und dessen Tochter ein neues Leben aufbaut. Die alleinerziehende Sidsel arbeitet und lebt weiterhin in Kopenhagen. Niels hingegen ist ein Freigeist und klinkt sich aus den gesellschaftlichen Normen aus, indem er viel reist, keinen festen Wohnsitz hat und sich das Geld als Plakatierer in Kopenhagen verdient. Es scheint, dass die Geschwister die Vergangenheit hinter sich lassen wollen – jedoch wird immer deutlicher, dass alle in einer gewissen Schwere- und Ratlosigkeit verweilen, sodass sie nach und nach von der Vergangenheit eingeholt werden.

Der Diogenes-Verlag ist bekannt für unkonventionelle und außergewöhnliche Bücher, sodass dieser Roman gut in diese Reihe passt.
Caroline Albertine Minor hat einen ruhigen aber nicht gradlinigen Schreibstil mit vielen Metaphern, wodurch das Lesen bunter und lebhafter wird. Weiterhin steckt die Autorin so viele Details und Liebe in die ProtagonistInnen, sodass mich die im Buch vorkommenden Personen begeistern. Sie sind authentisch, greifbar und vielschichtig – man kann sich stellenweise in ihnen wiederfinden. Vor allem Sidsel finde ich großartig ausgearbeitet.
Der Familienroman, der eigentlich keiner ist, regt aber auch zum Nachdenken und Reflektieren an, sodass ich mir Zeit beim Lesen genommen habe und oftmals Absätze zweimal gelesen habe. Mir persönlich gefällt so ein Buchaufbau.
Dennoch ist anzumerken, dass es kein einfaches Buch ist, das man schnell durchliest. Das Buch wechselt oft die Perspektive und die Handlungen sind teils springend. Weiterhin hätte ich mir gewünscht, dass die Beziehung zwischen den Geschwistern und den Eltern noch tiefer und emotionaler ausgearbeitet wird. Teilweise sind die Darstellungen etwas oberflächlich.
Diese Punkte überwiegen aber nicht, sodass ich den Roman insgesamt großartig fand und definitiv weiterempfehlen würde.