Familie muss weh tun!

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tochteralice Avatar

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Jedenfalls ist das in dieser Familie der Fall!

Die Familie bzw., das was von ihr geblieben ist: die Mutter Wallace und die beiden Töchter Anna und Elle verbringen die Essenz des Jahres, den Sommer, Jahr für Jahr in der familieneigenen Residenz, einer Art amerikanischer Datsche, die schon vom Opa erbaut wurde, in Cape Cod. Es sind einzelne, halb zusammengekrachte Hütten, liebevoll "Papierpalast" genannt.

Ergänzt durch Männer - zunächst den der Mutter, später dann die der Töchter - und immer war Jonas dabei, Elles Kindheitsfreund, dessen große Liebe sie jahrzehntelang war.

Der Vater ist längst abhanden gekommen und wird zumeist von einem wechselnden Reigen temporärer Stiefmütter, eine toxischer als die andere, bewacht. Keine davon seinen Töchtern wohlgesonnen.

Insgesamt scheint es, als würde das Credo der Familie über Generationen weitervererbt: Familie muss wehtun!

Ein süffiger, eingängiger, stellenweise faszinierender, leider über weite Teile recht oberflächlicher Roman, in dem Frauen als Weibchen behandelt werden. Mir tut es Leid, dass in Zeiten wie diesen hier immer noch die Frau gewinnt, die den aktuell im Angebot befindlichen Mann am besten um den Finger wickeln kann - sowohl in der Liebe selbst als auch im Familienverbund.

Ich habe diesen Roman dennoch als recht unterhaltsam empfunden, habe mich aber beim Lesen auch immer wieder geärgert über die "Weibchen-Darstellungen" der Autorin.

Und ich kann mir vorstellen, dass Susan Sontag oder aber auch Louise Erdrich und Anne Tyler ihn einfach nicht verstehen würden. Wenn doch, würden sie ihn der Autorin um die Ohren hauen würde - so schreibt keine selbstbewusste, im Leben stehende Gegenwartsamerikanerin!