Treue ist nicht gleich Treue

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heather_h Avatar

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*INHALT*
Der Protagonist, ein 54-jähriger Geschäftsmann, arbeitet unter der Woche in Paris und verbringt die Wochenenden bei seiner Frau und Tochter in Marseille. Was diese nicht wissen - unter der Woche wohnt er bei seiner jungen Geliebten Alix. Seit einem Jahr bereits führt er dieses Doppelleben, und ist hin- und hergerissen: Er ist verrückt nach Alix, er begehrt sie und verzehrt sich nach ihr - und doch liebt er seine Frau.
Kurz bevor er mit seiner Familie über die Feiertage nach New York fliegen will, sitzt er in seinem Arbeitszimmer und sinniert über beide Beziehungen. Er hat Alix nie Versprechungen gemacht, nie gesagt, dass er seine Frau verlässt, doch er könnte es tun und mit Alix von vorn anfangen. Eine neue Beziehung, vielleicht sogar noch Kinder? Doch wieso sollte er seine Frau verlassen? Will er das überhaupt? Oder wartet er nur darauf, dass das alles in einem Drama endet?

*MEINE MEINUNG*
Das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben, man erhält dadurch einen exklusiven Eindruck in die Gedankenwelt des Protagonisten. Ein wenig merkwürdig und gewöhnungsbedürftig fand ich, dass nirgendwo sein Name erwähnt wird, und auch seine Frau und Tochter sind immer nur "meine Frau" und "meine Tochter". Alix ist der einzige Name, der in diesem Roman fällt.
Doch sobald ich mich darauf eingestellt hatte und nicht mehr darauf wartete, dass der Name fällt (ist es denn wichtig, wie er heißt?!), konnte ich es genießen, in die Geschichte einzutauchen.

Diane Brasseur erzählt hier sehr eigenwillig - die Gedanken springen häufig - von Alix zur Frau, von der Frau zu Alix - springen in der Zeit, springen zwischen Erinnerungen und Fantasien, doch gerade das fand ich sehr interessant. Die Fantasien malt der Protagonist oft so lebendig aus, dass ich mich teilweise fragte, ob es wirklich eine Fantasie ist oder vielleicht doch eine Erinnerung. Beispielsweise stellt er sich vor, Alix würde einen neuen Mann kennenlernen, während er die Feiertage in New York verbringt - und diese Vorstellung erzählt er so überzeugend, dass er selbst richtig wütend wird und dem imaginären Nebenbuhler am liebsten eine runterhauen würde.
An einigen Stellen hat es mich ein wenig verwirrt, doch kleine Anmerungen haben immer wieder geholfen, die Szenen deuten und verstehen zu können.

Ich fand es sehr interessant zu lesen, für mich war das eine völlig neue Perspektive und eine neue Art und Weise, an ein Thema heran zu gehen. Die Autorin hat mich mit dieser Geschichte mit auf eine Reise genommen, die spannend und dramatisch, aber stellenweise mindestens ebenso schön ist. Einen (halben) Stern ziehe ich ab, da mich das Ende ein wenig verwirrt zurück gelassen hat - ich kann es nicht richtig einordnen und bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe.
Ansonsten habe ich aber nichts zu beanstanden.