Afrika mit anderen Augen sehen

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Der Roman „Der Sandmaler“ von Henning Mankell ist als deutsche Übersetzung 2017 im Zsolnay Verlag erschienen. Die Novelle ist der erste Afrikaroman des Autors, der die Schönheit des Landes, die Überlebenskunst der Einheimischen, die Gedankenlosigkeit der Touristen und die Nachwirkungen des Kolonialismus beschreibt.

Die zwei jungen Schweden, Stefan und Elisabeth, treffen sich kurz nach dem Abitur auf dem Flug nach Afrika wieder. Während Stefan das Strandleben genießt, will Elisabeth dieses fremde Land verstehen und eine spannende Entdeckungstour durch Afrika, einmal aus der Sicht von Elisabeth und dann wieder aus der Sicht von Stefan erzählt, lässt den Leser erahnen, wie Afrika wirklich ist, jenseits der Touristenpfade und Clubhotels. Wichtige Zusammenhänge werden aber auch aus der Sicht eines neutralen Erzählers erzählt. Durch die verschiedenen Charaktere sieht man das Land und seine Bewohner auch aus verschiedenen Blickwinkeln.

Henning Mankell war auf seinen eigenen Afrikareisen ein genauer Beobachter, der so mit seiner Novelle dem Leser die Unterschiede zwischen Europa und Afrika aufzeigt. Beim Lesen musste ich mehrmals innehalten, weil es für mich unvorstellbar war, dass es oft sogar den afrikanischen Kindern an Perspektive fehlt und sie aus der Armut nicht ausbrechen können.

Im Buch freundet sich Elisabeth mit dem schwedischen Lehrer Sven an, der ihr und somit auch uns Lesern die historischen Hintergründe des Landes erklärt. Der einheimische Guide Ndou führt sie und somit auch uns durch die ärmsten Viertel. Elisabeth, die selbst aus einem Mittelschicht-Milieu stammt, sieht Afrika, die Welt und ihr eigenes Leben dank ihrer Eindrücke mit anderen Augen. Und auch meine Sicht der Dinge hat sich beim Lesen nicht nur einmal geändert. Stefan hingegen stammt aus einer reichen Familie und will im Afrika-Urlaub etwas erleben, sein Blick auf die Dinge bleibt für das wahre Afrika verborgen. Hier prangert Mankell die Gedankenlosigkeit der, meist weißen, Touristen an, die Länder, Menschen und die Armut meist nicht wahrnehmen, sondern ihrem Kapitalismus in den Clubanlagen treu bleiben.

Henning Mankell, dessen eigene Meinung wohl die Sichtweise Svens wiederspiegelt hat mich mit seinem ersten Afrika-Roman mehr als gefesselt. Obwohl ich mir von der Lektüre nicht soviel erwartet habe, war ich gefesselt. Mankell schafft es mit nüchterner Sprache, Afrika in seinen Facetten zu zeigen und nebenbei den Kolonialismus und die Arroganz und Selbstgerechtigkeit der Touristen anzuprangern, ohne dabei zu dämonisieren.

„Der Sandmaler“ bekommt meine klare Leseempfehlung, auch für jene Leser, die Mankell nur mit den Wallander-Kriminalromanen in Verbindung bringen. Das Buch hat mir die Augen geöffnet und mich dankbar zurückgelassen. Dankbar dafür das Glück gehabt zu haben in einem Land geboren worden zu sein, wo ich keine Angst vor Hunger haben muss. Ich wünsche mir, dass es in der heutigen Welt weniger Stefans, sondern mehr Elisabeths gibt.