Die Geschichte eines Justizskandals der seines Gleichen sucht

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dany_87 Avatar

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"Der Serienkiller, der keiner war und die Psychotherapeuten, die ihn schufen" von Dan Josefsson ist im btb-Verlag erschienen und umfasst 559 Seiten zuzüglich 16 seitigem, farbigen Bildteil, sowie Danksagung und Literaturverzeichnis.
Da es sich nicht um einen ausgedachten Thriller oder Krimi handelt, sondern um die Recherchearbeit eines echten Kriminalfalls, ist dem Leser von Anfang an klar, dass Sture Bergwall die Morde, für die er verurteilt wurde, nicht begangen hat und das der Justizskandal aufgeklärt wurde. Das Sachbuch enthält somit keine überraschenden Wendungen, mit denen man als Leser nicht gerechnet hätte und schafft es dennoch, dass man gespannt Seite für Seite liest.

Sture Bergwall, oder in Schweden auch besser bekannt unter dem Namen Thomas Quick, ist ein homosexueller Drogenabhängiger der in der geschlossenen psychatrischen Einrichtung Säter, nördlich von Stockholm, eine Therapie beginnt und mit Psychopharmaka behandelt wird. Während der Therapie glaubt er, dass er sich an schwerwiegende Traumata aus seiner Kindheit erinnert und gesteht, mehr als 30 Opfer vergewaltigt und getötet zu haben.
Obwohl die Opfer größtenteils weder gefunden, noch mit Sture Bergwall in Verbindung gebracht werden konnten und seine Erzählungen widersprüchlich waren, wird er des Mordes verurteilt. Fast 20 Jahre später kommt heraus, dass seine Geständnisse frei erfunden waren und er all das nur behauptet hat, um weiterhin die verschreibungspflichtigen Medikamente zu bekommen und um im Mittelpunkt zu stehen. Außerdem spielt die Therapeutin Margit Norell eine entscheidende Rolle in diesem riesigen Justizskandal.

Streckenweise waren mir die Erzählungen, Berichte und Gespräche mit Angehörigen zu langatmig und nicht unbedingt zielführend bzw. hatten keinen Mehrwert, sondern haben nur bereits bekannte Charaktereigenschaften von Sture oder Margit unterstrichen. Hier hätte man sich meiner Meinung nach auch deutlich kürzer fassen können. Insgesamt zeugt es allerdings auch von einer sehr guten und umfangreichen Recherchearbeit, was bei einem Sachbuch immer positiv ins Gewicht fällt. Gefallen haben mir besonders die guten und detaillierten Einblicke in die Geschichte und Entwicklung der Psychologie. Wer sich für Psychologie und das Justizwesen interessiert, der sollte auf jedenfall dieses Sachbuch lesen.