Ein komplexer, gut konstruierter Detektivroman, der am Ende funktioniert

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owenmeany Avatar

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Das war mein erster Krimi von Horowitz, aber bestimmt nicht mein letzter, zumal mich andere Rezensenten darüber belehren, dass es durchaus noch bessere von ihm gibt.

"Der Tote aus Zimmer 12" ist nicht geeignet für Leser, die sich vorrangig in die Psyche von Opfern, Tätern und Ermittlern einfühlen möchten. Auch die Kulisse spielt eine Nebenrolle, allenfalls lässt sich die britische Mentalität an sich nicht verleugnen.

Das ist ein "Whodunit"-Krimi par excellence, eine besonders raffinierte Konstruktion mit der Struktur einer Matrjoschka. Der Schlüssel zur Auflösung steckt im "Krimi im Krimi", und nicht nur dort. Die Fülle der Namen, die in den ineinander verschachtelten Fällen vorkommen, die einander entsprechen könnten und es dann doch nicht so richtig tun, und die erst nach und nach zu Tage tretenden Ereignisse haben meine Konzentration und Merkfähigkeit auf eine harte Probe gestellt - erst zum Schluss hatte ich ein Aha-Erlebnis nach dem anderen, die mir streng genommen schier hanebüchen vorkommen, aber das liegt in der Absicht des Autors und in der Logik seiner Konstruktion.

Am Ende habe ich noch einmal zurückgeblättert auf Seite eins und nachträglich Erkenntnisse gewonnen, die mich schmunzeln ließen. Eigentlich hat das Buch eine zweite Lektüre verdient, um die Kunstfertigkeit des Konzepts ausreichend zu ästimieren.

Freude bereiten dem aufmerksamen Leser auch die zahlreichen Bezüge z.B. auf Alfred Hitchcock, Agatha Christie und andere, sei es durch namentliche Erwähnung, sei es durch Nachstellungen oder Zitate: für Liebhaber britischer Detektivgeschichten ein wahres Panoptikum.

Bei all dem Fokus auf die Struktur, die graphisch dargestellt ein Spinnennetz ergäbe, ist es Horowitz trotzdem gelungen, einigermaßen überzeugende Charaktere und lebendige Dialoge zu präsentieren. Deshalb war es für mich alles in allem ein Lesevergnügen.