Zum Ende hin musste das Buch wohl fertigwerden

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Der Beginn des Romans ist recht gediegen. Man kann sich aufgrund des Sprachstils gut in die Zeit um 1900 einfühlen. Die sicher nicht ganz so große Sache, von der zu Beginn gesprochen wird, erstreckt sich dann über fast 400 Seiten und ist am Ende trotz Langatmigkeit viel zu schnell vorbei.

Zur Handlung: Im München des Jahres 1896 verschwindet ein französischer Diplomat spurlos. Da es zwischen Frankreich und Deutschland bereits gärt, soll der Fall diskret behandelt und der Franzose so schnell es geht wiedergefunden werden. Kommissar Gryszinski geht der Sache nach, findet aber nur ein zwielichtiges russisches Jahr. Dann wird ein deutscher Erfinder ermordet und die Russen scheinen es eilig zu haben, aus München zu verschwinden. So schnell kann man zu einer noblen Dienstreise nach Paris kommen, die natürlich getarnt vollzogen werden soll. Also kommt auch die Gattin des Kommissars, eine angehende Literatin, mit.

Ab hier wird es ein wenig abstrus: Gryszinski und Gattin freunden sich zum Schein mit den Russen an, sie leben in Saus und Braus. Dann geht es nach St. Petersburg. Ohne zu sehr spoilern zu wollen: Nach einem Schicksalsschlag kehren Gryszinskis überstürzt nach München zurück und nach einem heftigen Zwischenfall wird die kleine Sache ad acta gelegt.

Während des Ersten Weltkriegs im Jahre 1916 wird Gryszinskis Sohn Fritz in eben diesen Fall verwickelt. Er wird von einem guten Bekannten seines Vaters (so scheint es) als Spion angeheuert. Ab da nimmt das Schicksal seinen Gang.

Zum Stil: Die Jahre 1896 und 1916 wechseln sich immer wieder ab. Von einem Kapitel zum nächsten springt der Leser in der Zeit vorwärts, rückwärts und wieder zurück - bis zum Finale 1916. Zu Beginn liest sich der Text noch gut. Zum Ende hin wird es sehr rasant, und ich hatte den Eindruck, als hätte die Autorin ihr Buch sehr schnell beenden müssen. Zuweilen wird Gryszinskis Vorliebe für delikate Mahlzeiten zu detailliert beschrieben. Mir persönlich war das teilweise zu eklig, gerade wenn von triefendem Fett geschrieben wurde.

Fazit: Das Buch liest sich so weg, aber für mich gab es einfach zu viele Zufälle. Menschen laufen sich da dauernd so zufällig über den Weg oder treffen sich genau zu den richtigen Zeiten, als hätte es Social Media bereits damals gegeben. Zum Ende hin war mir das einfach zuviel, auch wenn die Autorin dafür eine interessante Erklärung geliefert hat. Realitätsnah war das trotzdem nicht. Alles in allem für mich kein Buch mit Mehrwert.