Auf der Flucht

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Wien November 1938. In der Progrom- oder Reichskristallnacht ändert sich für die jüdische Familie Adler alles. Doktor Rudolf Adler wird vom aufrührerischen Mob zusammengeschlagen und kurze Zeit später ins Konzentrationslager gebracht. Seine Frau Rachel entscheidet sich deshalb schweren Herzens den gemeinsamen sechsjährigen Sohn Samuel mit einem der letzten Kindertransporte nach England zu schicken. Erst nach vielen Hindernissen findet er bei einem Quäkerpaar eine liebevolle Familie, die sich um ihn kümmert. Samuel lebt für seine Musik und war vor der Deportation ein musikalisches Wunderkind. Nach dem Ende des Krieges versucht er seine Eltern ausfindig zu machen...

1981. Im zweiten Handlungsstrang überleben nur Leaticia und ihr Vater das Massaker von El Mozote. Gemeinsam fliehen sie von El Salvador in die USA.
Jahrzehnte später ist die sieben jährige Anita mit ihrer Mutter ebenfalls von El Salvador auf der Flucht in die USA. Bedingt durch die neue Flüchtlingspolitik unter Donald Trump wird sie an der Grenze grausam von ihrer Mutter getrennt und kommt zunächst in ein Lager.

Wer kann sich noch an die herzzereißenden Bilder an der mexikanischen Grenze erinnern? Ich denke jeder von uns! Diese unmenschlichen Handlungen gegenüber den Kleinsten sind einfach nur grauenvoll!
Überall auf der Welt sind Menschen auf der Flucht. Jeder von ihnen hat furchtbare Dinge erlebt, um überhaupt den Entschluss zu fassen, seine Heimat zu verlassen. Kinder sind in besonderem Maße Leidtragende, wenn mächtige Politiker ihre Entscheidungen treffen.

Während ich mit Samuel und der kleinen Anita mitgelitten habe, blieb mir Leaticia durch einen zu großen Zeitsprung in der Geschichte, leider etwas fremd. Ich hatte etwas Mühe, die kleine Laeticia als Frau Mitte vierzig und das Kind Samuel, mit den schon über achzigjährigen Mann, zu identifizieren, den wir anschließend wiedertreffen.
Auch während der einzelnen Handlungsstränge gab es viele Zeitsprünge. Ich wurde dadurch oft aus der Handlung gerissen und konnte die Tiefe der Geschichte zu wenig spüren.

Erst am Ende des Buches liefen die Handlungsfäden zusammen und ergaben einen Sinn. Man erfährt, wie all diese Menschen irgendwie zusammenhängen und ein ähnliches Schicksal hinter sich haben. Leider hat sich
Isabel Allende meiner Meinung nach zu vielen Themen angenommen, um die wahre Tiefe der Charaktere zu spüren.
Die großartige Geschichtenerzählerin, die bereits zu Lebzeiten eine Legende ist, hat dennoch einen sehr zeitgemäßen Roman geschrieben. Und obwohl ich mir etwas mehr erwartet hatte, ist dieser Roman auf jedem Fall sehr lesenswert, denn er behandelt ein wichtiges und erschütterndes Thema: Das unermessliche Leid von Flüchtlingskindern und wie sich ein solch traumatisches Ereignis auf deren weiteres Leben auswirkt. Außerdem lässt uns die Autorin nicht hoffnungslos zurück, sondern appeliert an die Menschlichkeit.

Fazit:
Ein Roman über die Flüchtlingsproblematik, die uns seit Jahrzehnten begleitet und die auch jederzeit uns alle betreffen kann. Ergreifend und aufwühlend, aber für mich mit zu großen Zeitsprüngen und zu vielen Themen. Trotzdem sollte man Allendes neuen Roman lesen!