Alea iacta est

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„Er war über zweihundert Jahre alt, aus weißem Marmor, und hatte die Form eines Ikosaeders: zwanzig gleichseitige Dreiecke-, in der jeweils eine Ziffer eingraviert war. Nur anstelle der Zehn stand ein X.“ (S.74)

Die Würfel sind gefallen. Wer wird das nächste Opfer sein?

DER WÜRFELMÖRDER ist der Auftakt einer Dilogie und gleichzeitig der vierte Band der Fabian-Risk-Reihe von Stefan Ahnhem, einem der erfolgreichsten Kriminalautoren Schwedens. Der Ermittler jagt mit der Polizei in Stockholm nach brutalen Killern und blickt dabei in menschliche Abgründe. Im vierten und fünften Teil sind Fabian Risk und sein Team einer Reihe von scheinbar willkürlichen Mordfällen auf der Spur.

Der Thriller erschien bereits im letzten Jahr, 2019, unter dem Titel „10 Stunden Tod“ im Ullstein Verlag und wurde nun mit dem Erscheinen des fünften Teils „Die Rückkehr des Würfelmörders“ neu designt. Die beiden Teile der Dilogie lassen sich nun sowohl durch die Titel als auch optisch als zusammengehörig erkennen. Die Entscheidung des Verlags kann ich hier durchaus begrüßen, es passt wirklich wie Würfel auf Würfel. Der Originaltitel lautet MOTIV X.

INHALT

Inhaltlich holt Ahnhem weit aus. Im Prolog scheint der Mörder bereits enttarnt, doch schnell wird dem Leser klar: Hier steckt mehr dahinter! Fabian Risk ist schwer beschäftigt mit familiären Problemen, ausgelöst im vorherigen Teil. Die Familienmitglieder sind traumatisiert, jeder geht anders damit um und die Familie bricht auseinander. Fabian ermittelt in seiner Freizeit die Hintergründe eines scheinbar inszenierten Selbstmordes eines Kollegen. Dann häufen sich die Fälle an unterschiedlichen Orten Schwedens – Morde ohne Motiv. Irene Lilja, eine Kollegin von Fabian, erregt ungewollt die Aufmerksamkeit des Rechten Zentrums, als sie den Mord an einem Flüchtlingsjungen untersucht und gerät bei ihren Ermittlungen in die Schusslinie. Molly Wessman wacht eines Morgens auf, schaut auf ihr Handy und entdeckt ein Bild von ihr – schlafend. Wer hat das Foto gemacht? Wie ist derjenige in ihr Apartment gekommen? Im Laufe der Handlung kommen weitere Handlungsstränge hinzu.

SCHREIBSTIL

Es ist wirklich viel los, in den knapp 90 Kapiteln auf 492 Seiten wechseln die Sichtweiten also durchschnittlich alle 5 Seiten. Dadurch kommt es oft zu Verwirrungen beim Leser. Ich habe mal versucht die Perspektiven aufzählen und kam auf zehn. Wer spricht jetzt?

Da darf sich der Leser am Anfang nicht abschrecken lassen, das fordert den Kopf, Unaufmerksamkeit wird sofort bestraft. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen Rundumblick auf die Geschehnisse. Allerdings stoppt dadurch auch der Lesefluss immer wieder und ich habe aus Frust das Buch immer wieder beiseitegelegt, weil ich lieber bei der Perspektive geblieben wäre, die ich gerade gelesen hatte und bei der es gerade richtig spannend und actionreich wurde. Beispielsweise die Familienprobleme des Fabian Risk konnten mich nicht packen – sowohl die Tochter als auch den Sohn habe ich als nervig empfunden.

Das ist mein größter Kritikpunkt und gleichzeitig die Stärke dieses Buchs – Ich habe es immer wieder zur Hand genommen. Und das lag an dem ungewöhnlichen und dadurch spannenden Aufbau der unterschiedlichen Charaktere. Der fassettenreichen Schreibstil des Autors ist wirklich beeindruckend.

THEMEN

Trigger!: Es kommt sexualisierte Gewalt vor, unter anderem auch an Kindern.

Der thematische Schwerpunkt liegt auf Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus sowie psychischer und sexualisierter Gewalt.

Oft lass ich mit offenem Mund oder angewidertem Gesichtsausdruck. Schon ziemlich zu Beginn hat mich die Art und Weise eines Mordes sehr schockiert und ich suchte mir erstmal ein Kontrastbuch aus dem Schrank um Abstand zu gewinnen. Bei manchen Szenen musste ich auch einfach quer lesen. Dieses Buch ist eines der brutalsten, die ich je gelesen habe neben „Kill“ von Shane Stevens.

Das Besondere an diesem Thriller ist das Element des Zufalls – Morde die unzusammenhängend ohne erkennbares Motiv die Kriminalpolizei vor ein großes Rätsel stellen. Wer macht sowas? Die Vorstellung, kein Täterprofil aufstellen zu können um den Täter zu fassen, jagt mir einen Schauer durch den Körper. Ich bin gespannt darauf, wie der zweite Teil dieses Rätsel löst.



FAZIT

DER WÜRFELMÖRDER von Stefan Ahnhem ist ein schwedischer Kriminalthriller mit vielen Handlungssträngen, thematisch vollgestopft mit sexualisierter Gewalt und Rechtsextremismus. Der Thriller ist brutal, erschreckend und spannend erzählt. Das Motiv des Zufalls wurde interessant eingebaut. Wer an Zahlen Freude hat, sollte sich diesen Thriller mal anschauen.



Der Würfelmörder| Stefan Ahnhem| übersetzt aus dem Schwedischen von Katrin Frey| 4. Teil einer Reihe| Ullstein Verlag| Juli 2020| 492 Seiten| 10,99€