harte Schale

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anne_kaffeekanne Avatar

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Wieder einmal schreibt Alina Bronsky über eine alte Frau aus Russland, die sehr resolut, fast schon grausam ist, aber doch ein gutes Herz hat (ganz tief verborgen irgendwo). Der Erzähler heißt Maxim und lebt mit seiner Familie in einem Flüchtlingsheim. Seine Großmutter, die in Russland eine berühmte Tänzerin war, kann sich mit ihrer Situation in Deutschland nicht abfinden. Ihren Frust lässt sie an Max aus, den sie gleichzeitig übermäßig behütet und beschimpft.

Das Buch ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Es ist schwer die Großmutter zu mögen. Sie ist grob und voller Vorurteile, immer bemüht die Kontrolle über Mann und Enkelsohn zu behalten. Der Großvater ist dagegen sehr passiv, während Max langsam begreift, dass die Weltsicht seiner Großmutter gar nicht mit der Realität übereinstimmt. Mich hat es stark an „die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ erinnert. Wieder kommt dieser typische böse Humor durch und wieder steht eine Frau mit sehr harter Schale im Zentrum, die niemanden an sich heranlassen will und ihre Familie terrorisiert. Hier sorgt vor allem der kindliche Blick Maxims für humoristische Auflösung des eigentlich traurigen Geschehens. Leider verliert das Buch gegen Ende enorm an Tempo und der am Anfang sehr eindrückliche und oft traurig/lustige Unterschied zwischen der Weltsicht der Großmutter und den Erfahrungen Maxims wird nicht mehr ausgereizt. Einige Wendungen kommen dann auch zu plötzlich. Meiner Meinung nach insgesamt nicht ganz so gelungen wie andere, ähnliche Bücher derselben Autorin, aber immer noch lesenswert.

3,5 Sterne.