Selbstfindungsgeschichte mit 120 Thesen

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la calavera catrina Avatar

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Es geht um zwei norwegische Männer, die sich in einer stürmischen Nacht begegnen und in einer abgelegenen Hütte über ihr Leben austauschen, und dabei feststellen, dass sie vieles gemeinsam haben, obwohl der eine auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken kann, während der andere noch seinen Platz im Leben sucht.

Der 15-jährige Norweger Sverir ist ein außergewöhnlicher Junge: mutig, eigensinnig und auf der Suche nach seinen Wurzeln. Er leidet darunter, dass er sich mit seiner Mutter und seinen Brüdern nicht verbunden fühlt und schreibt seine Gedanken in ein Tagebuch. Ausgedehnte Wanderungen in den Wäldern sind sein Ventil - hier fühlt er sich heimisch, frei und akzeptiert. Sverir sehnt er sich nach Anerkennung und Gleichgesinnten, die seine Neugier und Abenteuerlust verstehen, ihn fördern und ihm Perspektiven aufzeigen. Seiner inneren Stimme folgend wird sein Funke für Kajakfahren entfacht und so nimmt das Schicksal seinen Lauf. Seine vorbildhaften Eigenschaften machen in zu einer sympathischen Figur, die schnell lernt, beharrlich ihr Ziel verfolgt und doch voller Zweifel und Ängste steckt. Als Sverir auf den 95-jährigen Hakon trifft, scheint es, als hätte jede Entscheidung sie in dieser stürmischen Nacht zusammen geführt. Hakon beginnt kapitelweise von seinem Leben zu erzählen, unterbrochen von „Zwischenspielen“ in denen Sverir und Hakon in reflektierende Dialoge treten. Es geht darum, Chancen zu erkennen und zu nutzen, dem Leben zu vertrauen, um seinen eigenen Platz darin zu finden.

120 Thesen des Autors stecken in diesen 238 Seiten. Jochen Schweizer wollte, mit dieser Selbstfindungsgeschichte, Gedanken und gesammelten Erkenntnisse weitergeben, die ihm wichtig sind. Wahrscheinlich steckt vieles von ihm in der Figur Hakon, der dem jungen Sverir von seinen Erfahrungen und Erlebnissen berichtet . Die Idee und Ausarbeitung der Figuren ist eindrücklich und authentisch. Der schwierige Weg und ihre Entwicklung sind nachvollziehbar und berührend beschrieben. Hier ist deutlich spürbar, dass Jochen Schweizer auf seine eigene Lebenserfahrung zurückgreift und viele Denkweisen sind inspirierend und eröffnen neue Blickwinkel. Wahrscheinlich kann jeder aus dem Buch etwas für sich mitnehmen. Solche ratgebenden Romane lese ich gern, aber leider fehlt es auch hier an erzählerischer Raffinesse. Thesen, Gefühle und Reaktionen werden so beschrieben, dass wenig Raum für die eigene Interpretation bleibt. Es wird nichts dem Zufall überlassen, um die Botschaft verständlich zu vermitteln. Hier fehlte mir die Ungezwungenheit, die Geschichten so beschwingt erscheinen lässt, als würden sie sich von selbst erzählen.