Ein wiederentdeckter Roman aus seiner Zeit, der Dinge beim Namen nennt, sehr frei

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bigz Avatar

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1930 hat diese Geschichte das Licht der Welt erblickt, verfasst von einer Autorin, die als Politikerin und eben auch als Autorin Aufsehen erregte, dadurch, dass sie sich als Frau einmischte und einbrachte in die Domänen einer Männerwelt und der Sehnsucht und dem Bestreben der Frau nach einer eigenen Identität, einem nicht von außen reglementierten selbstbestimmten Leben, Vorreiterin war und eine Stimme gab.
Heleen befindet sich in einer Nervenklinik. Sie hat ein Leben gelebt, das zu erzählen es allemal wert ist und in den stillen dunklen und trotz der Nachtschwester eher einsamen Nächten erfasst sie das Bedürfnis, ihre Geschichte weiter zu geben. Es bricht regelrecht aus ihr heraus und sie beginnt, in monologischer Form, eher distanziert dem eigenen Erleben gegenüber, mit ihrer Erzählung. Die Nachtschwester ist dabei eher Staffage. Am Anfang ist diesen Sprechen noch eher nach außen gerichtet. Sie erzählt von ihrem Elternhaus, ihrem nicht wirklich vorhandenen Kindsein als die älteste von zehn Geschwistern und dem Entschluss, wegzugehen und sich den gesellschaftlichen Aufstieg zu erkämpfen, den sie anstrebt, um jeden Preis. Es geht um die große Liebe, die jüngere Schwester und Entscheidungen, Entscheidungen und ihre Konsequenzen.
Immer nach innen gewendeter verläuft dieser Monolog, aber es klingt auch ehrlicher sich selbst gegenüber, was Heleen da sagt. Und dabei zieht eine emotionale Kälte ein, die schon auffällt. Aber das ist wahrscheinlich für die Protagonistin der einzige Weg, sich all dem zu stellen und es auch auszusprechen, selbst wenn es weh tut.
Aber, obwohl dies zumindest so etwas wie Mitgefühl hervorrufen sollte, lässt diese Geschichte den Leser mit einer Distanziertheit, dieser Frau gegenüber zurück, die so nicht gewollt sein kann.
Ein, aus dem üblichen, herausfallendes Werk, damals auch so wahrgenommen und was ja nicht selbstverständlich ist, erfolgreich in seiner Zeit, gut geschrieben und mit einer Botschaft, aber, ganz persönlich auf mich bezogen, ist es nicht so richtig bei mir angekommen.
Aber lesen, lesen sollte man es auf jeden Fall, denn es hat natürlich jede Menge ganz individuelle Leseerfahrungen verdient.