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„Die Beichte einer Nacht“ von Marianne Philips ist erschienen im Verlag Diogenes. Die Schriftstellerin aus den Niederlanden ist bereits 1951 verstorben. Ihr Roman erschien in der Originalausgabe im Jahr 1930. Protagonistin ist Heleen, eine Frau, die aus unbekannten Gründen in einer Nervenklinik lebt und einer Nachtschwester ihre Lebensgeschichte erzählt.
Die Buchbeschreibung hatte meine Neugier geweckt und bereits die Leseprobe hat mir außerordentlich gut gefallen und mich sehr berührt. Der Schreibstil ist einfach, aber einzigartig. Ich hatte nicht das Gefühl, als würde ich selber lesen, sondern ich war wie gefangen in der Rolle der Zuhörerin, besonders im ersten der zwei Teile umfassenden Erzählung.
Heleen hat begonnen mit der Geschichte ihrer Kindheit in einer Familie mit vielen Geschwistern, dem späteren Wunsch nach einem eigenen Leben und einem Beruf, und sie hat nichts ausgelassen… oder vielleicht doch, denn immer wieder erwähnte sie den Namen Hannes, ohne mehr dazu zu sagen. Dass er eine ganz besondere Rolle in ihrem Leben eingenommen hatte, war aber deutlich spürbar. Auch zu ihrer kleinen Schwester Lientje hatte sie eine ganz besondere Beziehung.
Heleen erzählt und erzählt, richtet zwischendurch mal ein Wort direkt an die Nachtschwester, ohne jedoch auf eine Antwort oder einen Kommentar zu warten. Meistens ist sie aber ganz in ihre eigene Geschichte eingetaucht, dann scheint sie zu vergessen, dass da jemand ist, zu der sie spricht, bis sie dann wieder in der Gegenwart ankommt, um ganz unvermittelt die Eigenarten einer ihrer Mitbewohnerinnen anzusprechen.
Am Ende bin ich überwältigt, dass Heleen so viel aus ihrem Leben und auch aus ihrer ganz persönlichen Gefühlswelt preisgegeben hat. Eine bewegende Geschichte, die sie erzählt hat und ich glaube: Sie hat nichts ausgelassen!
Mit meinem ganzen Herzen empfehle ich dieses Buch einer großartigen Schriftstellerin.