Die Burg der Geheimnisse

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metalpanda Avatar

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Oliver Pötzsch hat auf dem Gebiet der historischen Romane fest Fuß gefasst. Seine Saga um die Henkerstochter und den "historischen Thriller" "Ludwig-Verschwörung" habe ich seinerzeit verschlungen, dank dem interessanten Schreibstil, der spannenden Handlung und der sorgsamen historischen Recherchen des Autors.
Bei seinem neuesten Roman "Die Burg der Könige" machten mich die für Pötzsch ungewöhnliche Dicke des Romans (über 900 Seiten) und die kurze Leseprobe, die nicht besonders viel preisgab, etwas stutzig. Mit gemischten Gefühlen machte ich mich ans Lesen und wurde positiv überrascht...

Der Roman spielt im frühen 16. Jahrhundert, zur Zeit der Bauernkriege, und handelt von der Tochter des Trifelser Burgvogts Agnes von Erfenstein und ihrem Freund, Schmiedssohn Mathis Wielenbacher. Schon seit sie Kinder waren, sind die beiden unzertrennlich; jetzt als Erwachsene hegen sie auch erwachsene Gefühle füreinander, doch für die Vogtstochter ist der junge Schmied keine passende Partie. Zudem ist die Burg hoch verschuldet und ziemlich runtergekommen, und so versucht der Vater, durch eine günstige Zweckheirat seiner Tochter etwas Geld in die Kasse zu spülen. Ziemlich bald erfährt der Leser, dass die Burg irgendein Geheimnis in sich birgt, ein Geheimnis, bei dem Agnes wohl eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Nach und nach kann man immer mehr erahnen, in welche Richtung das Geheimnis wohl geht, die Spannung bleibt aber bis zum Schluss erhalten.
Bevor Agnes und ihr Vertrauter Mathis das Geheimnis lüften können, müssen sie einige Widrigkeiten auf sich nehmen. Mal gemeinsam, mal jeder für sich erleben sie dabei einige Abenteuer, müssen sich auf weite Reisen begeben, erleben Krieg und Leid hautnah und entrinnen mehrmals nur knapp dem Tode.
Sehr gelungen fand ich dabei eben diesen Hauch von Abenteuerroman, wie man ihn beispielsweise von J.R. Tolkien kennt, nach dem Motto "ein paar Vertraute finden sich zusammen, ziehen los und erleben dabei dies und das und jenes". Die anfangs befürchtete Langeweile hinsichtlich der hohen Seitenanzahl kam in keinem Moment auf. Bevor die Handlung droht, langweilig zu werden, wird vom Autor geschickt eine neue Wendung, ein unerwarteter Stolperstein auf dem Weg zur Entdeckung des Geheimnisses oder ein Schicksalsschlag eingefügt, sodass die Spannung an keiner Stelle zu kurz kommt.
Besonders erwähnenswert sind außerdem - wie auch in den anderen Büchern Pötzsch' - die sorgfältigen Recherchen und die gelungene Wiedergabe der historischen Umstände sowie der Schauspielorte. Die damaligen Zustände im Deutschen Reich, die Hintergründe zu den Bauernkriegen, die Geschehnisse in den europäischen Königshäusern fügen sich nahtlos in die Erzählung ein, sodass man nicht sinnlos überschüttet wird von trockenen Fakten und Zahlen, sondern den historischen Exkurs als Teil der Geschichte wie selbstverständlich wahrnimmt.
Für die Interessierten gibt es am Schluss des Buches - auch schon beinahe ein Pötzsches Markenzeichen - eine Chronologie der historischen Ereignisse sowie einen kleinen Reiseführer über die historischen Orte und Schauplätze. Die Liebe des (wie er sich selbst nennt) "hoffnungslos romantischen" Autors zu Burgen spürt man schon im Laufe des Romans ganz deutlich, im Schlusswort bekennt er sich nochmal ausdrücklich dazu. Wenn man als Leser diese Liebe teilt oder zumindest nachvollziehen kann, hat der Roman nochmal einen eigenen, ganz speziellen Charme.

Ich habe den Roman mit Vergnügen verschlungen und freue mich jetzt schon auf die nächsten Werke dieses herausragenden Autors.