Ein toller historischer Schmöker, fesselnd und geheimnisvoll

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klusi Avatar

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Der Roman spielt im 16. Jahrhundert, zur Zeit des deutschen Bauernkriegs. Das Land ist in Aufruhr, denn die einfache Bevölkerung möchte die Unterdrückung durch Adel und Klerus nicht mehr länger hinnehmen. Hunger und Armut haben die Menschen zermürbt, und die Last der Abgaben ist unzumutbar groß.
Agnes, die Tochter des Burgvogts von Trifels und Mathis, der Sohn des Burgschmieds kennen sich schon seit ihrer Kinderzeit und sind eng befreundet. Im Lauf der Jahre haben sich ihre Gefühle füreinander verändert, und aus der jugendlichen Kameradschaft wurde eine tiefe Zuneigung. Aber ihre zarte Liebe ist hoffnungslos und hat keine Zukunft. Zu groß sind die Standesunterschiede.
Um die Burg Trifels zu retten, beschließt ihr Vater, Agnes gewinnbringend zu verheiraten, denn auch den alten Ritter plagen die Geldsorgen.
Nach dem Tod des Vaters ist Agnes auf sich allein gestellt, denn ihr Ehemann folgt egoistisch seinen eigenen Interessen. Sie wird immer häufiger von beunruhigenden, sehr realen Träumen heimgesucht. Mit Hilfe von Mathis, ihrem Jugendfreund und Vertrauten, versucht sie, das Rätsel um Trifels zu lösen, das sich ihr in den immer wiederkehrenden Visionen offenbart und das allem Anschein nach auch mit dem Siegelring zu tun hat, welcher in Agnes’ Besitz ist. Aber Agnes und Mathis suchen nicht allein nach den Spuren der Vergangenheit. Es gibt weitere Interessenten, die in verschiedenen Archiven forschen und bei der Suche nach alten Geheimnissen nicht zimperlich sind, sondern auch über Leichen gehen.
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Oliver Pötzsch ist ein brillanter Erzähler, der hier Geschichte lebendig werden lässt und die historischen Tatsachen mit mystischen Elementen zu einem spannenden und hintergründigen Roman vereint.
Vielschichtige Charaktere, von denen die meisten ein Geheimnis hüten, verleihen der Handlung eine faszinierende Wirkung. Agnes’ Erlebnisse und auch die Entwicklung des jungen Schmieds Mathis sind durchweg überzeugend dargestellt.
Rätselhafte Bemerkungen, häufig geschickt am Ende der Kapitel platziert, machen neugierig, wie es weitergeht, und das Geschehen hält den Leser gefangen. Zwar lässt die Auflösung der rätselhaften Zusammenhänge zum Teil länger auf sich warten, aber letztendlich gibt es für alles eine plausible Erklärung.
Gut gefällt mir, dass die Legende um Barbarossa in die Handlung einfließt. Die Situation unter Kaiser Karl V. ist unbefriedigend, und die Menschen sehnen sich nach der früheren Staufer-Herrschaft zurück. Ein weiteres Thema, das häufig zur Sprache kommt, ist Martin Luther mit seiner Reform, denn auch die Kirche erlebte bewegte Zeiten. Zwar hat Oliver Pötzsch aus dramaturgischen Gründen kleine Änderungen bei manchen historischen Daten vorgenommen, aber insgesamt gewinnt man durchaus einen authentischen Eindruck der damaligen Lage im Land, der politischen Spannungen und des Machtkampfes zwischen Staufern und Habsburgern. Aber man bekommt hier kein trockenes Geschichtswissen offeriert, sondern eine gute Mischung aus Tatsachen und Fiktion, ein spannendes Epos aus alter Zeit.
Auf über 900 Seiten hat der Autor ein beeindruckendes Porträt des 16. Jahrhunderts geschaffen, das uns die Verhältnisse der damaligen Zeit lebhaft vor Augen führt und zugleich eine Vielzahl an Geheimnissen birgt.
Neben einem Nachwort des Autors findet man im Anhang auch eine ausführliche Vorstellung der Protagonisten, eine historische Zeittafel zum deutschen Bauernkrieg und einen kleinen Burgen- und Reiseführer, der zusätzliche Informationen zu den Schauplätzen des Romans vermittelt. Um das Lesevergnügen nicht zu schmälern, sollte man sich diese Lektüre aber wirklich bis zuletzt aufheben.