Eine Frau geht ihren Weg

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
büchersally Avatar

Von

Isabelle Feininger, die verwöhnte Fabrikantentochter aus Berlin, hat gegen den Willen ihrer Eltern den Radsportler Leon Feininger geheiratet. Die beiden leben nun bei seinen Eltern auf einem badischen Weingut. Der kleinen Ort Nothzeit macht schon mit seinem Namen deutlich, wieviel Abwechslung er seinen Bewohnern bietet. Tagein und tagaus kümmert sich Isabelle um den Haushalt und versucht es, ihrer Schwiegermutter recht zu machen. Leons Eltern machen es ihr auf dem Hof nicht leicht. Dennoch kann sie sich erstaunlich gut mit den bescheidenen Verhältnissen arrangieren. Dabei klingt die Stimme der Mutter noch deutlich in den Ohren, sie sei nicht zum Kartoffelschälen geboren, sondern zum Heiraten. Ihre Erfüllung sieht sie in der Zeit, die sie mit Leon verbringen kann. Als dieser plötzlich eine Champagnerie in Hautvilliers erbt, scheint das Eheglück perfekt. Doch kaum in Frankreich angekommen, werden die beiden mit den traurigen Zuständen auf dem Gut konfrontiert. Um sich zusätzlich vor den Intrigen der Konkurrenz zu schützen, müsste sich das Paar mit allen Kräften um die Renovierung der Anlagen und vor allem um den Vertrieb des Champagners kümmern. Doch Leon scheint auch hier nur das Radfahren im Kopf zu haben, das ihm schließlich zum Verhängnis wird.

Der zweite Teil der Jahrhundertwind-Trilogie setzt zwei Jahre nach den Geschehnissen in Berlin ein. Petra Durst-Benning lässt ihre Leser mit diesem Teil der Trilogie um die radsportbegeisterten Damen am Leben von Isabelle teilhaben. Diese wird in ihrer neuen Heimat mit unvorhergesehenen Problemen konfrontiert. Stets glaubhaft wird ihr Weg von der naiven Städterin zur ernstzunehmenden Unternehmerin beschrieben. Dabei hat sie viele Hürden in privater wie auch beruflicher Hinsicht zu überwinden, die immer wieder Spannung erzeugen und Wendungen in der Geschichte zulassen. Die Nebencharaktere wie die raffgierige Madame Trubert, der illoyale Kellermeister Gustave und der attraktive Daniel werden ebenso farbig gezeichnet wie die Protagonistin, ohne jemals die Führung zu übernehmen. Der schwelende Konflikt mit Isabelles Widersacherin steigert sich bis hin zur Sabotage und bietet auch den Lesern etwas, die es gern spannender mögen.

Der bewährte Schreibstil ruft ein buntes Programm im Kopfkino hervor. Mit leichter Feder nimmt die Autorin die Beschreibungen der Figuren und Landschaften auf und schafft damit eine stimmige Atmosphäre. Fast weht ein leichter Geruch nach Wein und Rosen aus den Seiten, man meint die Geräusche der Arbeiter im Weinkeller zu vernehmen und drückt automatisch die Daumen, dass es mit der Ernte gut ausgeht. Hier besticht der Roman durch seine gründliche Recherche im Herstellungsverfahren von Champagner und der Liebe zum Detail der Autorin. Der Sprachstil ist immer der jeweiligen zeitlichen Epoche angepasst, sodass die Dialoge für das ausgehende 20. Jahrhundert authentisch wirken. Französische Ausdrücke verleihen obendrein das nötige Flair, ohne den Lesefluss zu hemmen. "Die Champagnerkönigin" ist für mich ein würdiger Nachfolger zum Vorgänger „Solang die Welt noch schläft“, dessen Inhalt nicht zwingend bekannt sein muss. Notwendige Informationen werden kurz wiederholt, damit man der Geschichte folgen kann. Der letzte Teil der Trilogie lässt ab 2015 die bislang kaum zu Wort gekommene Clara ihre Geschichte erzählen.