In einer Zeit, als ein entzündeter Blinddarm einem Todesurteil gleichkam

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gormflath Avatar

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Berlin im Jahr 1831: Seit Wochen geht die Angst um, die Cholera könne Deutschland erreichen – und als auf einem Spreekahn ein Schiffer unter grausamen Schmerzen stirbt, nimmt das Schicksal seinen Lauf. In der Charité, Deutschlands berühmtesten Krankenhaus, versuchen Professor Dieffenbach und seine Kollegen fieberhaft, Überträger und Heilmittel auszumachen, aber das ist ein Wettlauf gegen die Zeit.
Während die Ärzte um das Überleben von Tausenden kämpfen, führen drei Frauen ihren ganz persönlichen Kampf: Gräfin Ludovica, gefangen in der Ehe mit einem Hypochonder, findet Trost und Kraft in den Gesprächen mit Arzt Dieffenbach. Hebamme Martha versucht, ihrem Sohn eine bessere Zukunft zu bieten, und verdingt sich im Totenhaus der Charité. Die junge Pflegerin Elisabeth entdeckt die Liebe zur Medizin und - verbotenerweise - zu einem jungen Arzt ...
Elisabeth, eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, beginnt in dieser Zeit ihre Arbeit als Wärterin in der Charité. Für Frauen gab es noch keine Ausbildung, und so kommt die immer hilfsbereite Elisabeth nicht mit den rüden Methoden der anderen Wärterinnen klar. Für die meisten Wärter ist die Arbeit nur eine ungeliebte Pflicht, während sich Elisabeth aufopferungsvoll um ihre Patienten kümmert und sich bald den Ruf erwirbt, einen beruhigenden Einfluss auf die Patienten auszuüben.
Auch Dr. Dieffenbach und seinem Subchirurgen Alexander Heydecker fällt Elisabeth positiv auf, obwohl sie sich nicht scheut, den Ärzten zu widersprechen, wenn sie deren Behandlungsmethoden nicht für richtig empfindet. Heydecker fühlt sich immer mehr zu der jungen Frau hingezogen, und auch Elisabeth empfindet etwas für den jungen Arzt. Doch dann muss Heydecker als Militärarzt zur Armee und verlässt die Charité. Daraufhin trifft Elisabeth eine folgenschwere Entscheidung.
Elisabeth lernt die Grauen der einzelnen Abteilungen kennen: die Abteilung für Syphilis- und Krätzekranke, die Gebärstation, die Salivationsstube... Alle haben sie gemeinsam, dass die hygienischen Zustände haarsträubend sind. Die Behandlungsmethoden grenzen zum Teil an Folter. So wird eine geisteskranke Frau mit Krätze infiziert, um auf diese Weise ihren Geist wiederzuerwecken. Patienten werden, wie damals üblich, ohne Narkose operiert, die hygienischen Zustände sind mehr als fragwürdig. So werden Desinfektionen einmal täglich durch eine Räucherfrau, die durch die Charité geht, vorgenommen.
Die zweite Protagonistin ist Gräfin Ludovica von Bredow, die heimliche Liebe von Dr. Dieffenbach. Verheiratet mit einem hypochondrischen Grafen, weht sie sich dagegen, im goldenen Käfig zu leben. Sie nutzt ihre Macht, ihr Geld und ihre Überredungskünste und gründet gemeinsam mit Dr. Dieffenbach die erste Krankenpflegeschule.
Und dann gibt es noch die Stadthebamme Martha, alleine mit ihrem kleinen Sohn, nimmt sie einen neuen Job im Totenhaus der Charité an. Sie kämpft dafür, dass ihr Sohn eine Schule besuchen darf, trotz seines Schielens, das als körperlicher Makel gilt.

Das Leben in und um die Charité wird sehr authentisch beschrieben. Die drei weiblichen Hauptfiguren sind starke Persönlichkeiten, die für diese Zeit als sehr emanzipiert beschrieben werden. Elisabeth möchte am liebsten Medizin studieren, was damals für Frauen absolut unmöglich war.
Einige der Personen sind historisch belegt und die beschriebenen Ereignisse haben sich tatsächlich so zugetragen. Die Autorin hat für dieses Buch sehr gut recherchiert, und so liest sich der abwechslungsreiche sehr kurzweilig und fesselnd.
Ich kann das Buch absolut und sehr gerne zum Schmökern weiterempfehlen!