Die Dame, die am Zug war

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Es gibt einen Filmklassiker aus den 1980er Jahren. "Und täglich grüßt das Murmeltier". Bill Murray erlebt ein und denselben Tag immer wieder. An einer Stelle der Leseprobe, musste ich an diesen Film denken. Als die Regierungschefin bereits im Moskauer Krankenhaus liegt und am zweiten Morgen nach dem Erwachen ihren am Krankenbett sitzenden Mann mit den gleichen Worten begrüßt wie am Tag zuvor. Sie hat, im Gegensatz zu dem Schauspieler, alles wieder vergessen.

Eine Regierungsschefin reist inkognito mit ihrem Mann in der sibirischen Eisbahn. Ihrem Sicherheitschef Bodega (im SMS Verkehr kurz Bod) genannt, ist sie kurzerhand entwischt. Man liegt sicher nicht falsch, wenn man annimmt dass die Autorin unsere derzeitige Kanzlerin zum realen Vorbild genommen hat. Diese Politikerin nun, steigt unplanmäßig in Omsk auf den Bahnsteig. Um einerseits den herzerwärmenden Klängen des örtlichen Männergesangvereins zu lauschen und zum andern eine SMS mit dem spanischen Ministerpräsidenten auszutauschen. Als ein plötzlicher Windstoß ihr das Ortsschild auf den Kopf wehen lässt. Sie geht zu Boden und erwacht einige Tage später in einem Moskauer Krankenhaus. Buchstäblich zwanzig Jahre zurückkatapultiert ins Jahr 1991. Ihre erste Sorge gilt ihrem Wahlkreis. Der habe sich nun etwas vergrößert meint ihr Mann. Er wird es noch öfter erwähnen müssen.

Katharina Münk schreibt nicht so, wie man es auf den ersten Blick bei dem leichtfüßigen Cover und dem eingängigen Klappentext erwarten würde. Ihre dichte und wortreiche Erzählung verlangt schon einiges an Konzentration. Vor allem um den hintergründigen Humor zu würdigen und die kleinen Seitenhiebe nicht zu überlesen. Ihr Stil ist zwar durchaus flüssig, aber nicht unbedingt leicht zu lesen. Dennoch hat mir die Leseprobe gefallen. Die Idee ist gut und die Ansätze die in der Leseprobe enthalten waren, versprechen eine anregende Lektüre. Vielleicht nicht unbedingt in der leichtfüßig, eher witzigen Art die man von dtv Premium allgemein gewohnt ist. Sondern eher auf die Art einer Politsatire. Umso besser!