Beklemmend

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cara_11 Avatar

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Kurze Sätze und eine dichte persönliche Sprache: Friedrich Ani macht jede Geschichte zu etwas persönlichem.
Ein elfjähriger Junge verschwindet, seine Leiche wird 34 Tage später gefunden. Der pensionierte Exkommissar Jakob Franck, der bereits in seiner aktiven Zeit die grausame Pflicht, Angehörige über den Fund einer Leiche zu informieren übernommen hatte, ist auch hier als erster nach der grausamen Gewissheit bei den Eltern, deren Welt mit dieser Nachricht aus den Angeln gerät. Die Mutter verliert jeden Kontakt und jeden Lebensmut, selbst ihr Bruder, der immer in engen Kontakt mit ihr stand, kann sie nicht mehr erreichen. In langen Selbstgesprächen und Monologen ergründet der Leser die Seelenzustände der Protagonisten, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Da ist Stephan, der Ehemann, dessen Trauer niemand auffängt, der seine Frau nicht mehr erreicht und Trost in der Arbeit und einer Geliebten sucht. Der Bruder, der vor Jahren eine Straftat begangen hat und jetzt eine Chance sieht, für diese einzustehen. Die Mutter, die keinen Sinn mehr sieht im Weiterleben. Der ehemalige Nachbar mit zweifelhafter Vergangenheit, der am Ende des Buches als "Kolleteralschaden" noch für eine gewisse Aufregung sorgt. Und all diese Fäden laufen zusammen bei Franck und seinen Kollegen, die trotz der widrigen Umstände am Tag des Verschwinden des Kindes nach den Schuldigen suchen, Franck, der durch diesen Fall auch an den rätselhaften Tod seiner eigenen Schwester erinnert wird und ein Scheitern in diesem Fall nicht akzeptieren will. Düster, beklemmend, melancholisch und zutiefst menschlich. Dass am Ende zwar der Fall geklärt werden kann, aber weder Motiv noch Ursache für den Mord ersichtlich werden, bedrückt umso mehr.