Die Freundin meines Sohnes

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
linus63 Avatar

Von

Der Protagonist Pete Dizinoff erzählt während eines Wochenendes seine Geschichte und beginnt samstags an seinem absoluten Tiefpunkt. Er berichtet - manchmal schwingt ein wenig Resignation mit - in Erinnerungen von der Vergangenheit, und wie sich alles bis zu diesem Wochenende und dem darauf folgenden Montag, dem Tag einer großen Entscheidung für ihn, entwickelt hat.

Das Buch ist vom Schreibstil her angenehm zu lesen, anfangs allerdings oft vor sich hin plätschernd und durch viele verschachtelte Vergangenheitssprünge verwirrend. Ich erfahre, wie Pete sich sein Leben in einer typisch amerikanischen Vorstadtidylle aufgebaut hat. Er ist Arzt in einer gut gehenden Praxis, hat eine intakte und anscheinend glückliche Familie und als Nachbarn die besten Freunde.

Alles entwickelt sich perfekt nach Petes Vorstellungen und familiäre Krisen werden gemeinsam gemeistert, bis sein Sohn Alec anfängt, eigene Wege zu gehen, die zusehends von Petes Lebensplanung für ihn abweichen, was Pete vor große Probleme stellt. Jetzt erzählt er flüssig und fesselnd und ohne verwirrende Sprünge, wie er nach außen hin bemüht ist, die Fassade zu wahren, aber gleichzeitig immer intensiver versucht, lenkend in das Leben seines Sohnes einzugreifen. Dass Laura Stern, die älteste Tochter seines besten Freundes, die mit 16 heimlich ein Kind zur Welt gebracht und getötet hat, nach 10 Jahren Abwesenheit wieder auftaucht und seinem Sohn Alec näher kommt, treibt Pete schier zur Verzweiflung - für ihn ist sie eine Mörderin. Durch seine immer größeren Anstrengungen, Alec dazu zu bringen, ein College mit einem guten Abschluss zu beenden und ihn von Laura abzubringen, wird die Kluft zwischen ihnen immer tiefer und Alec' Bindung an Laura immer enger. Letztendlich werden seine Anstrengungen zur Besessenheit und führen ihn dahin, dass er beruflich eine Fehldiagnose an Roseanne Craig stellt - mit Todesfolge und Klage gegen ihn - , er Laura aus einer Situation heraus tätlich angreift, Laura vermisst wird, er seine ehemals besten Freunde aus seinem Haus wirft, er selbst aus seinem Haus auszieht und sein Sohn endgültig geht - kurz, der absolute Tiefpunkt ist erreicht.

Alles in allem wird in diesem Buch eine interessante Thematik angesprochen, die mir im Ansatz hier sehr gut gefällt, mir aber vom Zeitablauf zu verwirrend und ein wenig überzogen umgesetzt wird.
Das Ende wiederum gefällt mir. Pete steht dazu, für dieses Trümmerfeld mit verantwortlich zu sein und hofft und glaubt daran, dass die Motivation zu seinen Handlungen - die Liebe zu seinem Sohn - eines Tages verstanden wird. Trotz der Misere blickt er nach vorne und hat die Hoffnung nicht verloren.

Dem Thema, dass Kinder eigene Wege gehen, selbst für sich verantwortlich sind und auch nicht immer dankbar alle Hilfen annehmen, die fürsorgliche Eltern gerne im Überfluss bereit halten, muss sich wohl jedes Elternteil irgendwann einmal stellen. Ungewöhnlich, aber gut finde ich, dass es der Vater ist, der so überbesorgt ist. Auch wenn es sich bei Alec um ein lang ersehntes Einzel- und Wunschkind handelt, finde ich das Bild, das Lauren Grodstein von Pete geschaffen hat, ein wenig überspitzt. Dies ist aber, ebenso wie die drastischen Folgen, die ja nicht nur Petes Familie, sondern mindestens genauso folgenreich die Familien Stern und Craig betreffen, gut, um zum Nachdenken anzuregen.