Ein Mann am Fluss. Ein

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Ein Mann am Fluss. Ein Zimmer über der Garage ist sein derzeitiges Zuhause, er wird beschimpft und mit Bierdosen beworfen. Unverständlich, hatte er doch über eine gutgehende Arztpraxis in einem besseren Viertel, über eine ihn liebende Ehefrau, über einen erwachsenen, künstlerisch begabten Sohn und über ein schönes Eigenheim in einem großen Garten berichtet.

Wehmütig beschreibt er sein Leben, seine Familie, seine Studienzeit, sein Zusammensein mit Freunden, die Geburt des lang erwarteten Sohnes Alec. All das hat er nicht gebührend geschätzt, ja als ihm zustehend angenommen. Seine Frau, die für ihn nicht die große Liebe war (diese konnte er nicht bekommen), ihn aber liebte und ihre Interessen stets zurückstellte, seine Freunde, denen er bei Problemen nicht beistand und sie sogar für erlittenes Leid verachtete, Kollegen, auf deren Rat er nicht hörte- das war für ihn normal.

Er ging sogar so weit, seine Wunschvorstellungen hinsichtlich des Sohnes mit enormem Druck durchsetzen zu wollen und maßte sich an, bei anderen Personen seine Wünsche rücksichtslos einzufordern. Gefühle und Interessen ihm nahestehender Menschen schätzte er gering ein und hielt sich für besser als sie.

Aber das war doch bisher gutgegangen - etwas Schreckliches musste geschehen sein. Auf jeden Fall etwas mit der titelgebenden Freundin seines Sohnes, die gleichzeitig die Tochter seines besten Freundes war. Sie erschien ihm nicht gut genug für seinen Sohn, ausserdem war sie wesentlich älter als der 21-jährige Alec. Er vergötterte seinen Sohn, aber der Junge sollte strikt den vom Vater gewünschten Lebensweg einschlagen, was dieser jedoch ablehnte. Aber Liebe oder Nicht-Liebe konnte Dr. Pete nicht befehlen, so sehr er das auch versuchte. Ebensowenig konnte er Alec auf ein  College zwingen. Das hätte ihm gefallen: sein Sohn an einer berühmten Hochschule, mit Logo-Shirt und Uni-Kaffeebecher für ihn zum Renomieren.

Was ihm wirklich bevorstand : ein Kunstfehler-Prozess, eine -wenn überhaupt- abgelegene Praxis in einem ärmlichen Viertel, ein Scheidungstermin, Verachtung von Familie, Freunden, Bekannten. Kein bzw. ein bescheidenes Zuhause, ein altes Auto.

Langsam, aber unausweichlich steuert Lauren Grodstein auf die Katastrophe zu. Der Leser weiß, dass der große Knall kommt und ist doch über das "Wie" überrascht. Auch dieses Ende habe ich nicht erwartet.

Die Autorin erzählt ruhig, gleichsam dahinplätschernd, aber doch faszinierend. Ein Roman, der die Scheinheiligkeit des Protagonisten entlarvt und zum Nachdenken anregt.