hm recht retro...

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mika-akim Avatar

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Wendy Wauters hat für das Buch "Die Gerüche der Kathedrale - Vom Leben im Herzen des mittelalterlichen Antwerpen" ein buntes Potpourri an Eindrücken zusammengestellt. Hier und da mit sanftem Humor wird durchaus lesbar ein wilder Ritt durch die Jahrhunderte (ca. 1352 bis ca. 1533) mit Fokus auf die Kathedrale beschrieben. Aber mit einem satten Blick über den Tellerrand! Das ist durchaus spannend, dass an Zusammenhängen und Bezügen zu Religion, Politik und den Hier und Heute aufgezeigt werden. Ich habe viel Unerwartetes über die Gepflogenheiten erfahren.
Vermutlich also ein gutes Buch für alle historisch Interessierten.
Mir persönlich hat ein "übergeordnetes Storytelling" gefehlt, also eine übergreifende Geschichte, die die wilde Sammlung chronologisch aufgefädelter Zitate, Bilder und Beschreibungen zumindest ein bisschen roman-haft zusammenhält. Letztendlich liest sich der Text für mich wie eine wissenschaftliche Abschlussarbeit, die für Interessierte außerhalb des Forschungsfeldes etwas umgangssprachlicher aufgearbeitet wurde.
Die durchnummerierten Kapitel sind - im Gegensatz zu den vor- und nachgeordneten Kapitel ohne Nummerierung - mit Ausschnitten von zeitgenössischen Gemälden aufgehübscht. Auf Quellenangaben und Fußnoten im Fließtext wurde freundlicherweise weitestgehend verzichtet, dafür gibt es ein eigenes Kapitel im Anhang. Eine übersichtliche Zeittafel, ein Festkalender, Quellenangaben von Bibliographien und Bildern sowie ein Register runden die umsichtige Ausstattung des Buches ab. Für manche Absätze hätte ich mir einen Glossar gewünscht, aber es gibt ja Tante Ecosia, die hab ich dann öfter mal befragt.
Meine Ausgabe ist fest gebunden und mit Schutzumschlag versehen. Also voll retro. Dazu passt das allgegenwärtige generische Maskulinum und die Seiten mit den farbeigen Abbildungen im Mittelteil des Buches. So eine altmodische Buch-Ausstattung kenn ich sonst nur aus den Regalen meiner Großeltern.
Für ein Sachbuch wirklich zugänglich formuliert und sehr beeindruckend vernetzt dargestellte Infos. Meine Erwartungen an ein modernes Sachbuch trifft es nicht.