Zwei Jahrzehnte Schmerz

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schamane Avatar

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Der erste Thriller, den ich in meinem Leseleben jemals gelesen habe. Ohne den Gewinn des Buchs wäre mir der Lesespaß wahrscheinlich verwehrt geblieben, denn das Cover und eben halt das Genre hätten mich in einer Buchhandlung wahrscheinlich nicht gereizt, das Buch in die Hand zu nehmen.

Die ganze Geschichte beginnt zwanzig Jahre in der Vergangenheit, als ein dreizehnjähriges Mädchen spurlos verschwindet. Der Fall bleibt, wie viele andere, unaufgeklärt und wäre vermutlich für immer in den Aktenschränken der Polizei verstaubt, wenn sich nicht zwei Ermittler, quasi als Strafarbeit bzw. letzte Chance diesen cold cases annehmen müssten.

Der eine, Gabe Dickinson, nach einem Bootsunfall, bei dem sein Schwager ums Leben kommt und durch die Trennung von seiner Frau und seinem Sohn, auf dem besten Weg auf den Boden einer Schnapsflasche abzutauchen. Die andere, Marta Rodriguez-Johnson, hat bei einem Einsatz für das Drogendezernat ihren Partner erschossen.

Mit beiden kann man mitleiden und sie förmlich vor sich sehen, wie sie, in ein kleines Büro abgeschoben, mit sich und den alten Fällen kämpfen.

Bei ihren Ermittlungen zu der verschwundenen Tessa stoßen sie auf andere Ungereimtheiten. Vier Todesfälle, die nicht miteinander in Zusammenhang stehen. Trotzdem entdecken sie eine Verbindung. Von da an fangen sie an, die Vergangenheit auszugraben und unangenehme Fragen zu stellen.

Während ihrer Suche stoßen sie immer wieder auf Mauern des Schweigens, tappen im Dunkeln und sehen sich in Sackgassen gefangen. Dazu kommen gefährliche Gegner, die nicht nur aus dem Bereich des Verbrechens stammen.

Ihre gemeinsame Jagd nach der Wahrheit lässt bei zu einem Team zusammenwachsen und von Seite zu Seite steigerte sich bei mir die Sympathie für die Ermittler, aus deren Sicht das Buch konsequent geschildert wird. Mal gemeinsam, mal getrennt marschierend, aber nie ohne die beiden Hauptpersonen schildert das Buch klassische Ermittlungsarbeit, wobei man immer das Gefühl hat, mitermitteln und mitleiden zu können und zu müssen.

Bis fast zum Schluss bleibt die Lösung offen und der Autor baut meisterhaft Verwicklungen und Fehlschläge ein, die immer wieder überraschen und den Leser ratlos und fast wütend zurücklassen.

Action gibt es in der Geschichte zwar auch, sie steht allerdings nicht im Vordergrund. Der liegt ganz klar auf der Ermittlung und der charakterlichen Entwicklung der beiden Hauptpersonen.

Angenehm ist auch der Stil. Alle Personen wirken echt, die Motivationen sind stets nachvollziehbar und die Dialoge klingen lebensecht.

Thriller werden wahrscheinlich nicht zu meiner Lieblingslektüre, aber wenn, dann hat der Autor bei mir schon mal einen Stein im Brett. Sollte es also jemals eine Fortsetzung mit diesem Ermittlungsduo geben, würde das Buch wohl auf meine Leseliste kommen.