Alles schon mal gelesen oder doch nicht ?!

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arunacat Avatar

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Was geschieht mit einem Menschen, der als Baby von seinem Vater an eine wildfremde Frau übergeben wird und Jahre später zu der Erkenntnis kommt, dass jeder dem er auf der Straße begegnet mit ihm verwandt sein könnte ohne es jemals zu wissen oder zu erfahren?!
Ganz dem Fallschirmspringer auf dem Titelbild folgend springt der Autor ans Ende der Handlung und beginnt von da aus das Leben der Figur Martin zu erzählen. Die Beschreibung seines jetzigen Lebens als Faktotum eines Altenheimes wird dabei immer wieder durch Erinnerungen und Rückblicke unterbrochen und ergänzt.

Am Anfang hatte ich das Gefühl meinem Opa beim Erzählen zu hören, nicht wegen der Handlung, sondern wegen des ungewohnten Erzählflusses, der zwischen den verschiedenen Zeiten springt und so ein genaues Zuhören bzw. Lesen fordert. Doch wenn man sich auf dieses Leben einlässt oder einlassen kann, dann verbergen sich zwischen den Zeilen schöne, schwermütige, ungewöhnliche Eindrücke.
Nachdem ich mich dann an den Lesestil gewöhnt hatte, traf mich die Erkenntnis, dass es sich bei Martin um ein jüdisches Baby gehandelt hatte. Beinahe ängstlich wartete ich dann auf die häufig beschriebenen Schicksalsschläge der jüdischen Bevölkerung während des zweiten Weltkrieges. Doch nichts dergleichen geschah und es war für mich aufwühlender, anstrengender und unerträglicher zu wissen, dass die Eltern ihr Kind weg gaben um es zu schützen, ihm eine (über)Lebenschance zu geben und ihm so doch einen wichtigen Teil seiner Identität nehmen mussten. Nach der Lektüre des kurzen Stückes bin ich gespannt, wie es Martin trotzdem oder deswegen gelang ein gutes Leben zu führen und zu der wunderbaren, aufmerksamen Person zu werden, die geschildert wird.