Die irgendwie richtige Richtung

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Ein Schriftsteller hat ein neues Hobby entdeckt: Pilgern. Zu Versöhnungszwecken schleppt er irgendwann Vater und Bruder mit.

Das Buch handelt von einer Sinn- und Zielsuche, vom Halt geben und von einem Gerüst im Leben. Der Protagonist dümpelt vor sich hin, unproduktiv und ohne Plan. Das will er ändern und erhofft sich vom Pilgern einen Rahmen und eine Richtung für sein Leben. Dieses Thema wird immer wieder aufgegriffen, aber (zum Glück) nicht gebetsmühlenhaft wiederholt, so dass es sich gut ertragen lässt. Die Grundaussage ist teilweise maskiert, man muss sie erst hören.

Es ist ein etwas anderes Buch zum Thema Pilgern, leise und anspruchsvoller als viele andere, das sich (zumindest im ersten Teil) nicht nur auf Weg- und Blasenbeschreibungen reduziert, obwohl beides reichlich vorkommt. Es zeigt Humor und so manche hochpoetische Stelle endet mit einem Augenzwinkern, was sehr gut rüber kommt.

Insbesondere im ersten Teil, auf dem Jakobsweg, werden Pilgerstrecke und -motivation im Detail analysiert. Doch was auf dem Camino noch ganz interessant klingt, wird auf der zweiten Pilgerreise in Japan irgendwann doch langweilig. Das tägliche Einerlei im Pilgeralltag (wo schlafe ich heute, was esse ich wann und wo kaufe ich es) zieht sich dort extrem. Man erwartet von diesem Buch eigentlich keinen Reiseführer mit Übernachtungs- und Versorgungstipps, zumal der Durchschnittsleser Japan nie zu Gesicht kriegen wird.

Die auf dem Klappentext groß angekündigte Familienfindung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Obwohl der Vater offensichtlich nicht alleinerziehend war, kommt die Mutter der Familie nicht vor, als habe sie nie existiert. Sie derartig auszublenden, lässt das Ganze irgendwie lückenhaft wirken. Auch wird der Vater-Sohn-Konflikt wird nicht richtig aufgearbeitet sondern wie eine Beiläufigkeit unter allgemeinen Reisebeschreibungen erstickt. Schade.

Alles in allem durchaus ein schönes Buch, allerdings hat es seine Längen.