Irgendwie die Falsche Richtung

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amirabooks_ Avatar

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Irgendwie die falsche Richtung...
Zunächst kam mir ein "Oh nein, nicht schon wieder" über die Lippen, als ich die Kurzzusammenfassung las. Jakobsweg, die Zweite – oder Dritte, oder Vierte… Aber dann war ich doch gespannt, wie sich der autobiographische Roman liest. Zunächst gestaltete er sich ganz nett (aber „nett“ ist ja bekanntlich der kleine Bruder von „sch…“).
Ich fand ihn flüssig und einigermaßen spannend zu lesen. Bis etwa zum ersten Drittel. Als Gideon dann beschließt, es nicht mein Camino zu belassen, sondern sich (nach nicht ganz geglückter Sinnsuche) noch den kreisförmigen japanischen Pilgerweg zu den Tempeln von Shikoko anzutun, ließ dann auch meine Begeisterung deutlich nach.
Irgendwann gingen mir vor allem Gideons ewige anthropologische und philosophische Ausschweifungen auf die Nerven. Anfangs sind sie schmückendes Beiwerk und ich fand sie recht charmant. Aber der nicht enden wollende Sermon entpuppt sich nach und nach als pseudo-intellektuell und mehr gewollt als gekonnt.
Wirklich schade eigentlich! Der Anfang gefiel mir wirklich gut und machte Lust auf mehr. Aber selbst die Tatsache, dass Gideon am Ende teilweise von seiner fast manischen Rast- und Orientierungslosigkeit befreit ist, tröstet nicht über die stilistischen Schwächen des Buches hinweg.
Mein Urteil fällt evtl. nicht ganz so negativ aus wie bei meinen Mitstreitern (und von "Mitstreitern“ muss man in diesem Fall sprechen, denn das Buch wird irgendwann wirklich zur Qual…), aber ich bin ähnlich enttäuscht von der Fortführung und vom Ausgang des Romans.
Ja, es ist in der Tat mal ein anderer Pilgerroman. Das ist das Positive. Ganz anders, weil der Pilger so gar keine Vorstellung von Zielstrebigkeit hat und eigentlich nur pilgert, weil er gerade nichts Besseres zu tun hat. Und weil er vielleicht ganz nebenbei doch noch erleuchtet wird. Oder wenigstens besser mit dem Leben seiner Vaters und mit dem eigenen klarkommt. Oder eben auch nicht.
Definitiv mal etwas Anderes als eine spirituell motivierte Pilgerreise und ein daraus entstandener Roman. Aber viel besser ist es deshalb noch lange nicht…