Es, Ich und Känguru

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merkurina Avatar

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Ich habe ja Marc-Uwe Kling schon live erlebt, wenn auch nicht mit seinem Soloprogramm (Känguru-Chroniken...), sondern gemeinsam mit den anderen Jungs von der Lesedüne. Es gab also erst mal Lorbeeren auf Vorschuss, und die nicht gerade knapp. Ich befürchtete _Lesen_ sei im Falle Kling nur die halbe Miete, aber das anarchistische Känguru macht die Sache doch zum ganzen Spaß.

Das Känguru ist ein geschickter spielerischer Kunstgriff. Es ist bereit, konsequent (und stur) zu kritisierenn, was der moderne Mensch zwischen Meinungsumfragen und Konsumkäse schon gar nicht mehr registriert. Und es traut sich bei aller kritischen Konsequenz im persönlichen (?) Handeln  völlig inkonsequent zu sein. Wäre das Känguru ein menschlicher Mitbewohner, hätte ihn Marc-Uwe längst rausgeworfen, weil er sich ausgenutzt fühlte oder beschämt und neidisch ... oder beides. So aber dreht er seine Runden durch den Alltag (mit Känguru ist auch das Jo-Jo-Spielen gleich debattierfreudig lustig) und durch die Kampfplätze der Stadt: Denn das Känguru findet überall eine Möglichkeit Provokationen zu entdecken und selbst zu provozieren.

Ja, und es macht Spaß, das zu lesen: Man nehme ein Sofa, an einem mittelmäßigen Samstag nachmittag ... und plötzlich ist man froh über dieses Känguru. Aber ich fands auch nicht immer nur lustig, sondern manchmal auch (im Grunde) tieftraurig. Die Chronik ohne das Känguru wäre eine ziemliche Öde, die irgendwie durchscheint. Zum Beispiel - schlagend! - bei der Frage, wie Büchner mit 23 schon soviel gemacht haben konnte - tja,weil er nicht sinnlos im Internet surfte, seinen eigenen Namen googelte und sich nicht um DSDS bekümmern musste.

Mich hat das Buch regelrecht philosophisch infiziert, obwohl es ja doch sehr unterhaltsam ist. Wenn man sich aber vorstellt, dass das Känguru ja immer bei uns ist, auch wenn wir keins haben, Sehnsucht! Apell! geheimes Wissen!, dann ist man gerade froh, dass es mal lustig _wirklich_ wird.  Ich nehme an, Marc-Uwe Kling kann sich von diesem Mitbewohner so schnell nicht trennen.