Ausbeutung v. Kindern im Netz - Sollte zum Nachdenken anregen!

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lia48 Avatar

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INHALT:
Mit Mélanies Liebe zu Reality-TV hat alles angefangen. Begeistert fieberte sie damals bei der französischen Adaption von „Big Brother“ mit und wurde selbst bei einem Format angenommen. Sie träumte schon immer davon, im Mittelpunkt zu stehen, auf der Straße erkannt und angehimmelt zu werden. Sie versprach sich davon eine „Woge der Liebe und Bewunderung“, mit der sie ihre innere Leere füllen wollte. „Mélanie Claux träumte davon, ein strahlender, eindrucksvoller Mensch zu sein; doch sie blieb diese verschlossene, zurückhaltend wirkende Frau, die sie verabscheute.“
Der Erfolg blieb zunächst auf der Strecke.

Die Medien entwickelten sich mit den Jahren weiter und heute ist Mélanie eine erfolgreiche Influencerin. Auf YouTube und Instagram lässt sie die Fans an ihrem Leben teilhaben. Im Mittelpunkt stehen bei den Videos, Posts und Stories vor allem ihre beiden Kinder, die sie täglich bei jedem ihrer Schritte mit der Kamera begleitet.
Die Zuschauer bestimmen durch Abstimmung, welche Schuhe sie für Tochter Kimmy kaufen sollen. Und welche Brille soll es für Sohn Sammy sein?
Bei McDonald's wird mit verbundenen Augen bestellt und nachher ausgepackt.
Vor der Kamera öffnen die Kinder freudestrahlend gesponserte Überraschungspakete mit einer Menge Spielzeug.
Die Challenge im Supermarkt ist es, nur Gegenstände zu kaufen, die mit „F“ anfangen – wessen Einkaufswagen ist nachher am vollsten?
Die Familie lächelt stets brav in die Kamera. Doch Tochter Kimmy schaut zurzeit manchmal nur noch ins Leere. Sie will nicht ständig drehen müssen!
Und dann ist Kimmy eines Tages plötzlich verschwunden und die Kripo fängt an zu ermitteln…


MEINUNG:
Schlimm, was diese Influencer-Bubble und der Ehrgeiz mancher Eltern bei Kindern anrichten kann. Kinder, die den ganzen Tag mit der Kamera begleitet werden und kaum Entscheidungsfreiraum haben. Sie sollen abliefern und das bereits in so jungen Jahren. Sie sollen eine perfekte Scheinwelt generieren und ihre Bedürfnisse ignorieren. Dass das auf Dauer nicht funktionieren kann, sollte eigentlich klar sein.
Und doch gibt es sie, diese Kinder- und Familienaccounts, die Kinder in den Fokus rücken.
Wie viele Menschen zeigen ihre Kinder in Sozialen Netzwerken, ohne weiter darüber nachzudenken und sich den Gefahren bewusst zu sein.
Umso wichtiger, dass sich Delphine de Vigan dieser Thematik hier auf gesellschaftskritischer Ebene widmet. Ihr Buch regt dazu an, dass wir uns mehr Gedanken darüber machen, welche Inhalte wir weltweit im Internet verbreiten, ohne uns über mögliche Konsequenzen bewusst zu sein. Und was wir unseren Kindern damit unter Umständen antun.

Anfangs fand ich es ein paar Seiten lang etwas anstrengend, weil ich von Protagonistin Mélanie so genervt war. Sie war mir erst ziemlich unsympathisch, was wohl vor allem daran lag, dass ich mich nicht wie sie von Reality-TV begeistern lassen kann. Sie wirkt so oberflächlich, eher auf das Äußere bedacht. Und ständig ist sie darauf aus, angehimmelt zu werden und sucht Bewunderung.
Aber eine Protagonistin muss einem ja auch nicht sympathisch sein, auch wenn es das oft leichter macht, ein Buch zu mögen.
Doch bald zeigt Mélanie eine ganz andere Seite, es kommt Spannung auf und ich war mitten in der Geschichte gefangen und wollte das Buch auch nicht zur Seite legen.
Als ihre Tochter verschwindet und sie als Mutter so darunter leidet, tat sie mir unglaublich leid. Ihre Fassade beginnt zu bröckeln, ihre menschliche Seite kommt mehr zum Ausdruck, sodass ich sehr mit ihr mitfühlen konnte. Diese Entwicklung mochte ich gerne.

Eine weitere Hauptfigur ist Polizistin Clara, die mir auf Anhieb sympathisch war.
Allerdings standen für mich die Ermittlungsarbeit und die Berichte von angeschauten Influencer-Videos etwas zu sehr im Mittelpunkt. Dies war mir dann etwas zu distanziert und zu kühl.

Zum Glück gab es nur eine Aussage und keine Handlungen, die für mich nicht zum jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder passten. Da bin ich immer etwas pingelig.

Gegen Ende hätte mich das Buch gerne noch etwas mehr überraschen dürfen, ansonsten hat es mir aber gefallen.

FAZIT: Die Ausbeutung von Kindern ein Netz – ein wichtiges Thema, welches von der Autorin hier eindrücklich auf gesellschaftskritischer Ebene aufgegriffen wird und zum Nachdenken anregt. Insgesamt fand ich das Buch lesenswert und kann es weiterempfehlen! 4/5 Sterne!