Neubeginn, Pädagogik und Liebe nach dem ersten Weltkrieg

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Ich mag das Cover von „Die Kinder von Schönbrunn“ von Beate Maly sehr, denn das Bild zeigt für mich eine sehr angenehme Szene aus einer Mischung zwischen dem Schloss, das auch Schauplatz der Geschichte ist, und einer ausdruckstarken Darstellung einer zwischenmenschlichen Beziehung zwischen Frau und Kind. Außerdem mag ich die Rahmenelemente und die Schrift, die mich an Jugendstil erinnern und die zurückhaltenden Farben.

In der Geschichte steht vor allem Greta im Mittelpunkt, die zu Beginn mit ihrer kleinen Tochter bei ihrer Schwester und deren Mann wohnt und nach 6 Jahren immer noch sehr mit dem Verschollenenstatus ihres Ehemannes zu kämpfen hat. Sie verkriecht sich vor der Welt und hofft immer noch auf Gustavs Rückkehr. Doch dann lernt sie durch einen Zufall Melanie kennen, die ihr zu einer guten Freundin wird, und meldet sich spontan zur Erzieherinnenausbildung im Schloss Schönbrunn an, wodurch ihr ganzes Leben auf den Kopf gestallt wird….

Ich mag die ProtagonistInnen dieser Geschichte sehr und habe vor allem Greta ins Herz geschlossen. Es hat mir große Freude gemacht sie in ihrer persönlichen Entwicklung literarisch begleiten zu dürfen und mitzuerleben, wie sie ihr Trauergefängnis immer mehr verlässt, um dem Leben wieder neu zu begegnen. Dabei ist es der Autorin meiner Meinung nach gut gelungen ihre Gefühle authentisch zu schildern, so dass ich mich gut in sie (aber auch in die anderen Charaktere) hineinversetzen konnte.

Aber es hat mir auch sehr gefallen, dass es einige weitere wesentliche Menschen in der Geschichte gibt, mit deren Verhalten das Geschehen erst richtig lebendig und angenehm vielschichtig wird. Vor allem sind da natürlich Gretas Tochter Gisela, ihre Schwester und deren Mann, aber auch der Pädagoge Michael Brenner, zu dem sich Greta trotz aller Trauer um Gustav hingezogen fühlt….

Ich fand es äußerst spannend einen Einblick in Sichtweisen und Ansichten in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg zu bekommen und als Erzieherin hat mich natürlich auch die pädagogische Seite sehr interessiert. Unglaublich fand ich es mal wieder, mit welcher Härte und Lieblosigkeit, ja sogar Grausamkeit Kinder zu dieser Zeit oft behandelt wurden und mir war nicht bewusst, dass es in den zwanziger Jahren bereits eine Bewegung gegeben hatte, die für einen demokratischen, kind- und bedürfnisorientierten Erziehungsstil plädiert und die Kinder als echte individuelle Persönlichkeiten anerkannt hat. Diese Infos, verpackt in der Geschichte, waren für mich eine perfekte Lektüre.

Beate Maly erzählt das Geschehen in flüssiger und angenehmer Sprache, die gut zum Text passt und ich mag ihre Art der Beschreibung. Außerdem habe ich mich sehr darüber gefreut, dass sie im Nachwort noch eine Ergänzung zu den realen Umständen der Zeit angefügt hat, denn ich finde es für mich immer wichtig bei historischen Büchern, dass ich ein wenig nachvollziehen kann, wie viel von der Geschichte auf tatsächlichen historischen Ereignissen beruht und es rundet für mich die Lektüre angenehm ab.

Es gibt auch einen ersten Teil der Autorin über den Schauplatz Schönbrunn („Die Frauen von Schönbrunn“), den ich jedoch zuvor nicht gelesen hatte und zum Verständnis der Geschichte war dies überhaupt kein Problem.

Mir hat „Die Kinder von Schönbrunn“ eine sehr angenehme Lesezeit beschert und interessante Einblicke in die pädagogischen Ansichten nach dem ersten Weltkrieg geboten, so dass ich es auf jeden Fall gerne weiter empfehle!