Harry und Jo in Höchstform

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fireblade Avatar

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Bis auf einen seiner früheren Romane habe ich alle Krimis um Harry Hole gelesen und war richtig gehend aus dem Häuschen, als der neue "Harry Hole" angekündig wurde. - Und meine Vorfreude wurde nicht enttäuscht.

Harry Hole ist nach den Ereignissen um den "Schneemann" aus dem Polizeidienst ausgestigen und hat in Honk Kong ein neues Leben begonnen. Er hat einen neuen Beruf, ist durchtrainiert und clean - doch seinen Lieblingsdämon Jim Beam und die Geister der Vergangenheit konnte er ebensowenig abschütteln wie die Gefühle für Rakel, die Liebe seines Lebens, und ihren Sohn Oleg. Um es mit Harrys eigenen Worten zu sagen: "Alles ist neu. Nichts ist anders."

Oleg ist auch der Grund, warum Harry zurück nach Oslo kommt, denn Rakels Sohn ist zum Junkie und Dealer geworden und soll einen anderen Junkie erschossen haben. Harry will Olegs Unschuld beweisen und taucht hierfür tief in einen tödlichen Sumpf aus Drogen, Gier und Korruption. Noch bevor er wieder norwegischen Boden betreten hat, steht er schon auf der Abschlussliste eines äußerst mächtigen Drogenbarons. Er ist Opfer, Ermittler und Rächer in einer Person, er jagt und wird gejagt und wie immer sind seine Ermittlungsmethoden alles andere als gesetzeskonform.

Harry Hole ist immer noch ein Mann mit Ecken und Kanten und das macht ihn als Person so greifbar und echt. Er ist voller Widersprüche, er ist stark und schwach zugleich und manchmal rettet ihn nur der Zufall davor, sich wieder dem Suff zu ergeben.

Jo Nesbo gelingt es auch in diesem Buch, nicht nur Harry sondern jeden einzelnen Charakter zum Leben zu erwecken. Er verleiht jedem Charakter eine eigene Stimme, lässt jeden in seiner eigenen Sprache sprechen, auf seine eigene Art und Weise denken, so dass jede Person plastisch hervor tritt. Jedes noch so kleine Detail bekommt seinen Platz im großen Puzzle und trägt dazu bei, dass aus den vielen Einzelheiten ein stimmiges Bild wird.

Die einzelnen Personen handeln nachvollziehbar, keine Handlung bleibt unbegründet, jeder Gedanke ist schlüssig und nachvollziehbar - sogar die der Ratte - und das ist es, was ich an Jo Nesbo so schätze. Er hat die Gabe, echte Menschen zu erschaffen, deren Handlungen - so abstoßend sie auch manchmal sein mögen  - immer glaubwürdig sind. Seine Figuren sind nicht schwarz und weiß sondern bestehen alle aus vielen Grautönen, mache heller, manche dunkler, und darum schafft es Nesbo, mich in diese Handlung so tief hineinzuziehen, dass ich mich dabei ertappe, viel zu schnell zu lesen, weil ich wissen möchte, wie es weiter geht. Die Handlung entwickelt einen Sog, der sich immer schneller dreht, je weiter das Buch fortschreitet und die Wendungen, die sie immer wieder nimmt, sind so wenig vorhersehbar wie das Ende des Buches.

Von mir eine eindeutige Leseempfehlung!