In erster Linie Polizist

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
fino Avatar

Von

Ein sterbender Junge erzählt seinem (nicht anwesenden) Vater, wie es dazu gekommen ist und was in den letzten Jahren alles passiert ist. Am Osloer Flughafen schmuggeln Piloten und das Reinigungspersonal Drogen: die Piloten werden beim Einsteigen nicht kontrolliert und deponieren den Stoff im Flugzeug, wo ihn anschließend das Reinigungspersonal herausholt. Einer davon ist Sergej, der sich zudem noch auf eine andere Aufgabe vorbereitet: er soll sich bereithalten für einen Mord, sollte das Notwendige notwendig werden.

Nach drei Jahren kehrt der ehemalige Polizist Harry Hole aus Hongkong nach Oslo zurück. Grund ist, dass Oleg, der Sohn seiner großen Liebe, einen Drogenabhängigen erschossen haben soll. Für die Polizei war der Fall schnell abgeschlossen, doch Harry zweifelt an der Schuld und stellt eigene Ermittlungen an. Er ahnt nicht, was er damit auslöst, welche Informationen er nach und nach erhalten wird und was dies alles für sein eigenes Leben bedeutet.

Als ich das Buch nach einer recht langen Wartezeit endlich in Händen hielt, war ich erst einmal überrascht, wie dick es ist. Ich ging davon aus, dass ich zum Lesen eine Weile brauchen würde, doch der Krimi hat mich dann so gefesselt, dass ich es innerhalb kurzer Zeit gelesen habe. Jo Nesbøs Schreibstil ist unkompliziert und lässt sich schnell lesen. Von Anfang an gelingt es ihm Spannung aufzubauen. Zunächst laufen mehrere Handlungsstränge parallel (der sterbende Gustavo, der Drogenschmuggel am Flughafen, Harry Holes Rückkehr), und ich wollte erfahren, wie sie miteinander verknüpft sind.

Gesteigert hat diese Spannung noch die Tatsache, dass der Roman aus der Sicht des allwissenden Erzählers erzählt wird und immer andere Personen im Vordergrund stehen. Einen Großteil nimmt natürlich Harry Hole ein, aber auch aus Olegs oder Sergejs Sicht (oder auch aus Sicht der Ratte, die nicht mehr zu ihren Jungen kommt) wird berichtet. Darin eingebettet ist in kursiver Schrift das Zwiegespräch Gustavos mit seinem Vater, bei dem es sich um einen Rückblick handelt. Dadurch erschließen sich dem Leser manche Zusammenhänge, bevor Harry auf deren Spur kommt, der für seine Ermittlungen immer wieder Gefälligkeiten von alten Bekannten einfordert und sich selbst von schwersten Verletzungen nicht aufhalten lässt. Obwohl recht früh im Groben klar war, was passiert war, blieb es doch bis zum Ende spannend, wer hinter allem steckt und wie genau alles ineinander gespielt hat. Außerdem gab es immer wieder überraschende Wendungen. Ich konnte den Krimi nur schwer aus der Hand legen, und die Schilderung des Drogenmilieus hat mich auch immer wieder beschäftigt, wenn ich gerade nicht gelesen habe. Es wird sehr anschaulich und intensiv geschildert, was sich dort abspielt und wie die Beteiligten in den Strudel geraten sind.

Obwohl ich nur die ersten Bände um Harry Hole gekannt habe und mir vor allem die Bände „Schneemann“ und „Leopard“ gefehlt haben, auf die immer wieder angespielt wird, konnte ich der Handlung ohne Probleme folgen. Das Buch eignet sich also auch für neue Leser, obwohl es sicherlich besser ist, die Vorgeschichte zu kennen. Ich bin jedenfalls neugierig geworden und werde mit Sicherheit noch mehr Fälle lesen. Außerdem bin ich gespannt, ob die Serie fortgesetzt werden wird.

Das Cover gefällt mir recht gut, auch wenn nicht auf den ersten Blick deutlich wird, dass es sich um einen Kriminalroman handelt. Es passt jedoch zu den anderen Covern von Jo Nesbøs Büchern, so dass es jeder Fan erkennen wird. Außerdem dürfte der Autor inzwischen so bekannt sein, dass viele bereits wissen, welche Bücher er schreibt. Der Rückentext verrät zwar schon das ein oder andere, gibt aber nicht zu viele Details preis.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, und ich kann es jedem empfehlen, der (skandinavische) Krimis mag.