Die Leute, die sie vorübergehen sahen

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Ein Kind wird entführt und zurückgelassen, es gibt immer wieder Menschen, die sich um die Kleine kümmern und es gibt immer wieder Zeiten, in denen sie auf sich allein gestellt auf der Straße lebt.

Das Buch fängt stark an und lässt dann schnell nach. Die ersten beiden Stationen auf Sals Reise werden sehr ausgiebig beschrieben, dann scheint den Autor die Lust am Schreiben zu verlassen, denn die nächsten Stationen sind wenig konkret, Menschen bleiben anonym. Skizziert werden nur einige wenige, meist gescheiterte Existenzen, die früheren Zeiten nachhängen und einsam sind. Allen gemeinsam ist, dass sie offensichtlich eine Gesprächspartnerattrappe suchen, die ihnen die Illusion gibt, zuzuhören. (Für Sal selbst übernimmt die kleine Schwester diese Funktion.)

Überhaupt lässt der Autor seine Figuren ständig in endlosen Litaneien irgendwelche (Halb-) Weisheiten und Philosophien ausblubbern, die der bald gelangweilte Leser kritiklos übernehmen soll, was er besser nicht tut. Hierüber vergisst der Autor offensichtlich, dem Buch so etwas wie Handlung mitzugeben, denn diese ist nur in Ansätzen und im Hintergrund vorhanden: Das Kind, andeutungsweise zum neuen Jesus hochstilisiert, kommt zur nächsten Station, wird von irgendwem vollgeblubbert oder blubbert selber und geht wieder. Die Protagonistin wirkt sehr flach, fast wie aus Plastik, gefühllos, egozentrisch und altklug. Das Ganze ist wenig originell und langatmig.

Mit einer entsprechenden Dosis Philosophie kann eine Erzählung durchaus gewinnen, aber dann muss man auch dosieren können und der Autor kann es nicht. Er kotzt eine volle Überdosis über dem bald genervten Leser aus, die in Teilen an Paulo Coelhos ewiges „wer-bin-ich-wer-bin-ich-Geschrei“ erinnert.

Insgesamt eine schöne Idee, aber man hätte mehr daraus machen müssen. Ein großer Wurf, wie auf dem Klappentext versprochen, ist das sicher nicht. Für den vielversprechenden Anfang gibt es einen Stern, aber nicht mehr.