" Zum Spaß, aber voller Ernst "

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schokoflocke Avatar

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" Aber manchmal ist es halt so, perfekte Momente sind nur möglich, wenn wir uns trauen, die Grenzen, die uns von unserem Charakter her gesetzt sind, zu überschreiten. Die Vorsicht fällt von uns ab, je weiter wir uns auf unbekannte Wege vorwagen. Innerhalb der Grenzen unserer Persönlichkeit mögen wir angenehme, ruhige, ja sogar glückliche Momente genießen können. Aber keine perfekten. Denn perfekte Momente haben unweigerlich etwas Überraschendes an sich. "


Die Idee kam von Gustavo - plötzlich schlägt er einen Road Trip durch Baskenland vor, um Ulias Heimat besser kennzulernen. Für Ulia ist der Zeitpunkt ganz schlecht, das kann sie Gustavo aber nicht sagen ohne ihre Geheimnisse zu offenbaren, also sag sie zu. Schon bald sitzen sie im Auto, geniessen die schöne Landschaft, das gute Essen und die Sehenwürdigkeiten. Sie spielen Touristen, aber die Vergangenheit lässt sich nicht so leicht abschütteln...
Dieses Buch ist meine zweite Begegnung mit der baskischen Literatur. Vor zwei Jahren hab ich "Patria" ( Fernando Aramburu ) gelesen und war so begeistert gewesen, dass ich die Geschichte immer noch gut in der Erinnerung habe. Deswegen wollte ich auch unbedingt dieses Buch lesen. Ich möchte die Geschichten gar nicht vergleichen, sie sind auch unterschiedlich, aber eins haben sie gemeinsam - die verletzte baskische Seele, in der ETA tiefe Wunden geschlagen hat, die immer noch bluten.
Den Einstieh in die Geschichte fand ich bisschen schwierig, das plötzlich Perspektivwechsel ( was man auch nicht gleich merkt ) fand ich irritierend und die Lebensgeschichte von Benjamin Britten zwischendurch hat auch nicht so richtig reingepasst. Nach paar Kapiteln fügen sich die Stränge aber zusammen und man kann auch Sinn daran erkennen, ab diesem Moment konnt ich das Buch nicht mehr weglegen. Die Geschichte ist sehr vielschichtig, die Autorin geift viele wichtigen Theman an, es geht natürlich um die Heimat, aber auch um Familie, Beziehungen, Terrorismus, Pazifismus und Vergangenheit, die einen Schatten auf unsere Gegenwart wirft. Obwohl das Büchlein nur 200 Seiten hat, reicht das aus , um auf eine subtile Art ausdruckstark zu sein. Ich hab gelesen, dass der Schreibstil oft als poetisch bezeichnet wurde, das empfand ich ehrlich gesagt nicht so. Auf jeden Fall ist es aber besonders und ausergewöhnlich ( und anfangs auch gewöhnungsbedürftig ). Die ganze Geschichte war für mich sehr stimmig, klug , tiefgründig, anspruchsvoll, aber auch leichtfüssig und sehr angenehm zum lesen. " Zum Spaß, aber voller Ernst " - das passt genau.