Martin Krist, Die Mädchenwiese

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 Die Bestie im Kopf

Blut fließt, düstere Stimmung: Haarsträubend-ungeschönt beschreibt Krist von der ersten Zeile an einen Tatort, aber auch eine der (vermuteten) Hauptpersonen: Berta, als "verwahrlost" und "verwirrt" charakterisierte alte Frau mit einer Stimme im Kopf, der sie offensichtlich nicht entkommen kann. Die von Berta "versteckte" Leiche ist nicht die erste - und sicher auch nicht die letzte, wie der Leser bereits einige Zeilen später befürchten muss: Lisa, ein junges Mädchen, von vornherein als das perfekte Opfer deklariert, entflieht ihrer Heimat, einem ländlich-spießigen "Dorfidyll" im Spreewald - mit unbekanntem Ziel.

In einem anderen Erzählstrang wechselt der Autor die Perspektive vom neutralen zum Ich-Erzähler und (be)zieht seine Leser somit haunah ins Geschehen (hin)ein. Wie diese Episode eines harmonischen Familienlebens aus kindlicher Sicht in Verbindung zu dem Mordfall steht, erschließt sich dem Leser in der LP (noch) nicht.

Mit einem erneuten Perspektivwechsel beschreibt Krist das Leben (und Leiden) von Laura Theis, verlassene Ehefrau und gestresste Mutter der ausgebüxten Lisa und deren tollpatschigem Bruder Sam. Welche Rolle ihre neue und zunächst flüchtige Bekanntschaft Alex sowie dessen Freunde im weiteren Verlauf spielen, bleibt abzuwarten.

Fazit: Eine gute Grundkonstellation, die durch interessante Charaktere und einen flotten Szenenwechsel an Fahrt gewinnt, diese Dynamik jedoch durch einige zähe Alltagsschilderungen und langatmige Dialoge wieder einbüßt. Zudem erschwert im zweiten Kapitel ein leicht unübersichtlich scheinendes Personengewirr (und deren zuweilen nicht erkennbare Funktionen) das dank flüssiger Schreibe durchaus vorhandene Lesevergnügen. Aufgefangen werden diese kleinen Schwächen im Spannungsbogen durch den Hinweis, dass Lisa - mal wieder - nicht in der Schule erschienen sei. Dass sie auch im heimischen Kämmerlein nicht anzutreffen ist, das ist dem Leser ebenso klar wie die Tatsache: Hier nimmt das Unheil seinen Lauf.