Nicht wirklich warm geworden

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alice pleasance Avatar

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Es gibt – wie der Klappentext schon vermuten lässt – zwei Handlungsstränge, die abwechselnd erzählt werden. Nea in der Welt der Lebenden versucht, mit ihrem Verlust fertig zu werden und die Menschen so gut es geht zu beschützen. Obwohl mir Nea im ersten Teil sehr gut gefiel und ich ihre Figur auch im zweiten mochte, waren ihre Kapitel leider eher langweilig. Sie selbst bleibt sehr passiv und auch sonst passiert nichts wirklich Spannendes – und das obwohl Vampire und Dämonen ihr Unwesen treiben. Lennox hingegen erlebt sehr viel in der Welt der Toten – wenn nicht sogar zu viel. Denn hier hat der Autor seiner Fantasie wohl freien Lauf gelassen und versucht sämtliche Ideen unterzubringen. Für meinen Geschmack hätte es ein bisschen weniger sein können. Eigentlich wartet man nämlich nur darauf, dass Lennox einen Weg zurück in die Welt der Lebenden findet, um Nea und der Bruderschaft im Kampf gegen Victor helfen zu können. Doch so entwickelt sich eine völlig neue Geschichte, die auch ohne die komplexe Rahmenhandlung funktionieren würde. Auch im zweiten Teil kommen wieder viele neue Figuren hinzu. Einige davon sind gut gezeichnet, andere eher weniger. Vor allem in der Gruppe, mit der Lennox unterwegs ist, bleiben die einzelnen Figuren sehr blass. Der Fokus liegt auf Lennox und maximal zwei anderen, während man zum Rest keinerlei Bindung aufbaut und auch nicht aufbauen kann, da sie farblos bleiben. Im Gegensatz dazu steht beispielsweise Alexis, die in der Welt der Lebenden neu hinzu kommt. Ihre Figur ist schön gestaltet, unterschiedliche Facetten kommen bei ihr zur Geltung, sie ist nachvollziehbar und sympathisch. So entsteht hier auch eher eine Bindung.

Der Schreibstil ist meist flüssig und weniger dialoglastig als im ersten Band, was der Geschichte definitiv gut tut. Die vielen Dialoge im ersten Teil enthielten nämlich oft einfach nur Wiederholungen, die überflüssig waren und den Lesefluss gestört haben, anstatt die Geschichte voran zu treiben. Nun gibt es zwar weniger Dialoge, doch sind diese immer noch eher holprig, wirken gestelzt und nicht wirklich natürlich. Dass jede Figur die gleiche Sprache, die genau gleichen Ausdrücke benutzt und sich keinerlei Unterschiede in den Dialogen feststellen lassen, trägt noch dazu bei. Weniger Dialoge heißt schließlich auch mehr Beschreibungen, die meist gut getroffen sind und ein anschauliches Bild der Fantasy-Welt zeichnen. Einziger Kritikpunkt hier sind die vielen sehr blutigen Szenen. Im Allgemeinen habe ich kein Problem mit solchen Szenen, doch häufen sie sich im zweiten Band in einem solchen Maße, dass ich es zum Ende hin einfach nicht mehr hören lesen konnte. Dabei werden die Darstellungen ständig exzessiver und es fließt literweise Blut – hier wäre ein wenig Zurückhaltung meiner Meinung nach angebracht gewesen.

Wie schon nach dem ersten Band bin ich auch nach Die Nacht der Krähe – Feuersturm ein wenig unschlüssig, was meine Bewertung angeht. Im Vergleich macht der zweite Teil sprachlich (gerade was die Dialoge angeht) einiges besser. Wiederholungen kommen zwar immer noch vor, aber gefühlt seltener als noch in Band 1. Auch von den vielen Ideen und Wendungen war ich wieder beeindruckt, doch konnten mich nicht alle Teile des Romans überzeugen. Während mir einige Ideen gut gefallen haben, schienen andere eher unpassend und auch die Motivationen der Figuren waren meiner Meinung nach nicht immer schlüssig. Insgesamt gibt es so viele neue Figuren, dass nicht alle wirklich gut ausgearbeitet sind, blass bleiben und scheinbar willkürlich handeln. So enthält der zweite Band zwar auch wieder einige gute Ideen und auch neue interessante Figuren, doch ebenso wie der Erste scheint es schlicht zu viel zu sein, als dass alle Elemente gut ausgearbeitet werden konnten.