Die Nächste, bitte ???

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linus63 Avatar

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Dr. Paul Rosen will als Anti-Aging-Arzt in Genf hoch hinaus, steckt jedoch momentan in der Hamburger Hausarztpraxis seines Vaters fest und hadert mit seiner täglichen Arbeit.
Nella will nach Genf fliegen und benötigt ein Mittel gegen ihre Flugangst. Das erhält sie in von ihrem Arzt Dr. Rosen.
Doch das Mittel wirkt nicht und Dr. Rosen, der zufällig im selben Flugzeug sitzt, muss Nella retten. Als Gegenleistung soll Nella in Genf seine Ehefrau spielen, die unabdingbare Vorraussetzung für die offene Stelle seiner Träume ist, um die er sich bewirbt. Dies wird umso brisanter, als nach der Landung unerwartet ein weiterer Bewerber für diese Stelle samt Ehefrau auftaucht .....

Obwohl Cover und Titel meine Vorurteile gegenüber Arztromanen kräftig schüren, habe ich sie schließlich außen vor gelassen und mich an dieses Buch herangewagt. Die Geschichte liest sich größtenteils leicht und flüssig. Während dem Leser Pauls Erlebnisse und Gedanken in der Ich-Form erzählt werden, schreibt Nella Tagebuch. Obgleich das Tagebuch optisch ansprechend aufbereitet ist und alles etwas auflockert, bin ich, z.T. bedingt durch den Schreibstil, nach ca. 100 Seiten so genervt, dass ich versucht bin, das Buch abzubrechen. Beispielsweise zieht sich die Suche nach einer Versichertenkarte eine Stunde und 35 Minuten lang über 4 Seiten mit 11 Tagebucheinträgen zu unterschiedlichen Zeiten hin. Mein Lesefluss kommt hier ständig ins Stocken und ich finde die Lektüre nicht lustig, sondern hektisch und gestückelt. Doch glücklicherweise gelingt es Nella im Laufe des Buches immer häufiger, einen Eintrag über mehrere Seiten zu verfassen, was mir wesentlich besser gefällt.

Der oft vorhandene ironische und teilweise sogar sarkastische Unterton gibt dem Ganzen einen amüsanten Touch, genauso wie das Spiel mit den (Ärzte-) Klischees, über die sich die Protagonisten einerseits lustig machen, die sie andererseits aber zu einem späteren Zeitpunkt perfekt erfüllen wollen. Gelungen sind auch die häufigen Perspektivenwechsel zwischen den Protagonisten. Sie knüpfen teilweise nahtlos aneinander an, was die Geschichte lebendig, flüssig und temporeich werden lässt. Andere Szenen lese ich zweimal aus verschiedenen Sichten, wodurch ich ein umfassenderes Bild der Situationen und auch der Figuren erhalte.

Leider konnte ich mich mit keiner der Hauptfiguren richtig anfreunden. Dr. Rosen verkörpert den überheblichen, arroganten, souveränen Arzt, der jede Situation im Griff und für alles eine Erklärung hat. Allerdings ist er ohne Rückgrat und auf dem Weg zu seinem Ziel, der vakanten Stelle in Genf, krampfhaft bemüht, alle Erwartungen zu erfüllen und dazu ist ihm alles Recht. Allein seine Kreativität im Erfinden neuer Erklärungen, die geschickt und spontan in die bestehende Geschichte eingeflochten werden, ist bewundernswert. Dazu ist sein Sinn für Humor recht originell, als er hinter Nellas Rücken in ihr Liebesleben eingreift und damit einige Verwirrung stiftet. Währenddessen stellt die normalerweise selbständige Nella in dieser Geschichte eine schwache Frau mit hysterischen Einschlägen und wiederkehrender, vorübergehender Amnesie dar, die sich ständig lächerlich und von Paul zum Spielball seiner Pläne machen lässt - ziemlich flach.

Das Lügengebäude, das beide in Genf aufbauen, ist letztendlich derart konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, dass ich es nicht mehr komisch finde - weniger wäre hier mehr. Das gleiche gilt für die Nebengeschichte mit Pauls letztem Verhältnis - zu viel Zufall, zu absurd und damit unglaubwürdig. Allerdings dringt die Situationskomik vereinzelt doch zu mir durch, so dass ich hin und wieder schmunzeln kann. Dennoch bin ich richtig erleichtert, als schließlich Pauls Mutter beherzt eingreift, einige Dinge klärt und das vorprogrammierte Happy-End, wenn auch nur bedingt in der erwarteten Form, eintritt.

Alles in allem in das Buch sehr leichte Kost ohne Tiefgang, schnell gelesen und leider nur stellenweise amüsant.