Da war mehr drin

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stephanus217 Avatar

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Ich muss sagen, ich bin einigermaßen enttäuscht.

Die Buchidee finde ich ja echt spannend, hat doch jemand die Traute, die deutsche/europäische Geschichte seit der Mitte des 20. Jahrhunderts einfach auf den Kopf zu stellen. Sicher, „was wäre wenn“ - Szenarien sind ein alter Hut und bergen für mich auch immer die Gefahr, diversen Verschwörungstheorien Vorschub zu leisten. Aber die Story hat Potential. Damit wären wir bei der Frage, worum es eigentlich geht – und bereits diese einfache Frage kann ich letztlich nicht beantworten.

Die Hypothese, auf der die Story aufbaut, ist die, dass sich 1949 die Bundesrepublik Deutschland auf Druck der Sowjetunion der DDR hat anschließen müssen, ohne dass die Westmächte eingegriffen hätten. Lediglich West-Berlin ist übrig geblieben, aber zur einem Kriminalitäts-hot spot verkommen, in dem sich allerlei zwielichtige Gestalten und Organisationen tummeln und auch konkurrierende Geheimdienste ihr Spielfeld gefunden haben. Da ereignet sich eine Giftgasexplosion mit Hunderten Toten – offiziell ist bei Bauarbeiten eine Weltkriegsbombe detoniert, aber ist das die Wahrheit? Stasi und die Geheimdienste vor Ort sind alarmiert und beginnen hektisch mit Nachforschungen...

Das klingt nach einem spannenden Spionagethriller und in der Tat, die Geschichte erfüllt (teilweise) auch die Kriterien eines Thrillers. Die Story ist lebendig und flott erzählt und durchaus spannend. Aber meines Erachtens kommt es dem Autor darauf letztlich gar nicht an. Ich denke, die Spionagegeschichte ist nur der Aufhänger für eine (späte) Auseinandersetzung mit der DDR.

Genau hier fängt mein Problem an : Diese Seite der Geschichte hat zwar auch ihre starken Momente, aber insgesamt kann ich als älterer „Wessi“ mit dieser Thematik wenig anfangen, zumal mich die unterschwellige Lamoyanz nach dem Motto „In der DDR war nicht alles schlecht“ einfach nervt.

Aber auch handwerklich gibt es einiges zu monieren. So stört es z.B. meinen Lesefluss sehr, wenn ich viele Ausdrücke, die wohl in der ehem. DDR geläufig waren und die überaus großzügig Verwendung gefunden haben, im Glossar habe nachlesen müssen; nicht umsonst umfasst dieses 10 (!) Seiten. Das soll wohl Authentizität vermitteln, für mich ist das eher ein Ärgernis.

Und dass so viele Personen agieren, dass man ständig um den Überblick kämpfen muss, verbessert die Lesbarkeit auch nicht. Die Liste der handelnden Personen umfasst mehr als 40 Namen und, Kleinigkeit am Rande, diese Liste mit „dramatis personae“ zu überschreiben, ist entweder albern oder überheblich.

Fazit: Erfüllt meine Erwartungen nicht wirklich.