ist das ein ernstgemeinter Thriller oder schon Satire?

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mrs-lucky Avatar

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Der Titel deutet es schon an, dass es sich bei dem aktuellen Thriller Stefan Ahnhems um eine Fortsetzung handelt. Zur besseren Zuordnung wurde der Vorgängerband „10 Stunden tot“ vom Ullstein Verlag noch einmal unter dem Titel „Der Würfelmörder“ veröffentlicht. Dieser treibt in diesem Band weiterhin sein Unwesen und damit das Ermittlerteam um Fabian Risk an seine Belastungsgrenze, zumal die meisten von ihnen nebenbei selbst noch das eine oder andere Problem mit sich herumtragen.
Es wird jedoch nicht nur die Geschichte um den Würfelmörder fortgesponnen, der mit seinen gut geplanten Aktionen und vom Zufall ausgesuchten Opfern es der Polizei schwer macht. Hier laufen einige Handlungsstränge zusammen, die sich aus den bisherigen Bänden und Vorgeschichten ergeben. Mir hat der komplexe Aufbau der Thriller Stefan Ahnhems bisher immer gut gefallen, hier führt er die Geschichte jedoch ad absurdum und schießt meines Erachtens über das Ziel hinaus.
Ich habe mich beim Lesen mitunter gefragt, wer hier eigentlich der größte Psychopath ist. Ist es der Würfelmörder, der mit einer nicht nachvollziehbaren Besessenheit den Fortgang seines Lebens von Würfeln bestimmen lässt und dabei gnadenlos anderen Menschen das Leben raubt? Oder ist es der dänische Polizist, dessen Leben aus Rachsucht aus dem Ruder läuft, und der in seiner Besessenheit jede Regel des Polizeidienstes untergräbt? Ist es Fabian Risk, der seine Arbeit über alles andere stellt, dabei nicht nur sein Leben, sondern bisweilen auch das seiner Familie aufs Spiel setzt und den Bezug zur Realität immer weiter verliert? Oder ist es der Polizist mit dem Doppelleben, der der Faszination der anderen Seite des Verbrechens erlegen ist, und sich in der optimalen Position befindet seine Taten zu vertuschen?
Ich denke, man muss alle Bände kennen, um in diesen sehr verworrenen Handlungssträngen den roten Faden nicht zu verlieren und die Zusammenhänge zu begreifen. Die Komplexität ist faszinierend, der Schreibstil überwiegend beeindruckend, viele Szenen wirken bedrückend, spannend oder hinterlassen eine Gänsehaut.
Dennoch drängt sich der Eindruck auf, der Autor habe sich hier in einen Rausch geschrieben und seinen Hauptcharakteren dabei eine Portion Wahnsinn zu viel auferlegt. Die Handlungen sind am Ende wenig nachvollziehbar, die Motivation hinter den Taten und Verhaltensweisen insbesondere auf Seiten der Polizei belieben im Dunkeln und sind so weit von der Realität entfernt, dass sie unglaubhaft werden. Ermittlungsarbeit findet bei all dem Durcheinander nur am Rande statt, und das dann oft auf fragwürdige Art und Weise. Die Interaktion zwischen schwedischer und dänischer Polizei beispielsweise ist geradezu grotesk, wenn persönliche Differenzen über Professionalität gestellt werden und Polizisten mit gezückter Pistole herumspringen.
Schade, muss ich sagen, da mir bisher die Thriller gut gefallen hatten. Auch wenn hier am Ende wieder ein paar Fragen offenbleiben, ist für mich der Reiz dieser Reihe erloschen.