Die Strasse der Geschichtenerzähler

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malo2105 Avatar

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Zunächst haben mich das wunderschöne Cover in warmen Farben und der Buchtitel neugierig gemacht. Damit hat die Marketingabteilung des Verlages also schonmal alles richtig gemacht. Meine Erwartungen an das Buch waren somit natürlich ziemlich hoch.
1914: Vivien Rose Spencer ist eine junge Frau, die entgegen der Konventionen der damaligen Zeit an einer Ausgrabung im osmanischen Reich teilnimmt. Dies verdankt sie ihrem Vater und dem Freund der Familie, dem Türken Tahsin Bey. Beide kennen sich schon seit Viviens Kindertagen und obwohl Tahsin Bey um einige Jahre älter ist, haben die beiden eine Art Seelenverwandtschaft und ein gemeinsames Interesse an Archäologie. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Liebe. Nach dem Ende der Ausgrabungen für dieses Jahr erkunden sie zusammen mit zwei Deutschen weitere Ausgrabungen in der heutigen Türkei und alle wollen im nächsten Jahr zu ihrer Ausgrabungsstätte Labraunda zurückkehren. Tahsin Bey´s Traum ist es, den silbernen Haarreif zu finden, den Skylax der Legende nach von Dareios erhielt. Doch als sie sich trennen, erfahren sie, dass in Europa Krieg ausgebrochen ist. Vivien kehrt nach London zurück und beginnt eine Arbeit als Krankenschwester. Sie wundert sich, als ein Militärangehöriger sie aufsucht und sich für ihre Forschungsreise in der Türkei interessiert. Unwissentlich erzählt sie ihm mehr, wie sie sollte. Da weiß sie noch nicht, welche Konsequenzen dies haben wird.
Der Patschtune Qayyum Gul kämpft im indischen Regiment auf Seiten der Engländer bei Ypern. Verletzt und desillusioniert kehrt er nach Hause zurück. Auf der Zugfahrt lernt er Vivien kennen, die ebenfalls auf den Weg nach Peschawar ist. Von nun an werden sich ihre Wege immer wieder kreuzen. Am Bahnhof begegnet Vivien den Jungen Najeeb. Sie ist von seinen Wissensdurst fasziniert und beginnt ihn zu unterrichten, wobei auch hier die Archäologie eine große Rolle spielt.
15 Jahre später arbeitet Najeeb im Peschawar Museum. Er bittet Vivien, erneut nach Peschawar zu kommen, um mit ihn zusammen an einer Ausgrabung teilzunehmen. Doch der Ruf Gandhis nach Unabhängigkeit hat auch Peschawar erreicht und so geraten Vivien, Najeeb und Qayyum in den Strudel der Revolution, die in der Strasse der Geschichtenerzähler ihren Höhepunkt finden wird.
Vor diesem geschichtlichen Hintergrund hat Kamila Shamsie ihren Roman angesiedelt. Mit ihrer poetischen Sprache gelingt es ihr, sowohl das Leben in London als auch das bunte Treiben in Peschawar zum Leben zu erwecken. Das langsame bröckeln von Traditionen, die unterschiedlichen Kulturen beider Nationen und die Rechte der Frauen auf beiden Seiten, aber auch die Zerrissenheit der Einheimischen zwischen dem British Empire und der Unabhängigkeit ihres Landes.
„Die Strasse der Geschichtenerzähler“ ist kein Buch zum runterlesen. Man muss sich auf die Geschichte und den Schreibstil einlassen, dann entfaltet sich ein bewegender Roman über Liebe, Verrat und das Streben nach Freiheit.
Für mich war “Die Strasse der Geschichtenerzähler” der erste Roman der Autorin, wird aber garantiert nicht der letzte gewesen sein.