Die Straße der Geschichtenerzähler - ein historischer Rückblick

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sikal Avatar

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Das Buch beginnt mit zwei unterschiedlichen Erzählsträngen – der erste entführt uns nach England, kurz vor dem 1. Weltkrieg, als die junge Vivian, Archäologin aus Leidenschaft, gemeinsam mit Tahsin Bey an Ausgrabungen teilnehmen darf, die sie nach Labraunda führen. Während sich dort nicht nur archäologische Besonderheiten ergeben, entwickelt sich zwischen Vivian und Tahsin eine zarte Liebesgeschichte. Doch dann bricht der 1. Weltkrieg aus und Vivian muss zurück nach England. Wird sie Tahsin Bey je wiedersehen und werden sie das Geheimnis um den wunderbaren Haarreif lüften?

Der zweite Erzählstrang macht uns mit dem Paschtunen Qayyum bekannt, einem Soldaten, der bei einer Kampfhandlung schwer verwundet wird und ein Auge verliert. Ein Freund Qayyums rettet ihm das Leben und diese Verbundenheit bringt nicht nur Gutes für Qayyums Zukunft mit sich.
Anfangs kann man sich nicht gut vorstellen, wie die beiden Erzählstränge miteinander in Verbindung treten sollen, doch auf einer Zugreise Vivs nach Peschewar begegnet sie Qayyum und beide wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche Verkettung von Umständen sie schlussendlich an die Straße der Geschichtenerzähler führt.

Die Autorin Kamila Shamsie lässt uns an einem Teil Weltgeschichte teilhaben. Sie zeigt uns, wie viel Feuer in Menschen brennen kann und welche Grenzen sie dadurch überwinden können. Ebenso muss man zu seinen Entscheidungen stehen – egal ob man sie später bereut oder ob man stolz darauf ist. Man muss es letztendlich hinnehmen und akzeptieren.

Die Charaktere sind sehr beeindruckend gezeichnet und entwickeln sich im Laufe der Geschichte sehr stark. Besonders Vivs Veränderung ist sehr bemerkenswert, während sie zu Beginn als junges naives Mädchen und ohne Vorbehalte ihr Leben lebt und tut was sie für richtig hält, beginnt sie im Laufe der Zeit vieles zu hinterfragen und mit Bedacht zu agieren.

Während wir heute unsere Freiheit und Unabhängigkeit als selbstverständlich nehmen, kommt durch das Buch sehr schön hervor, mit wieviel Einsatz und Herzblut (leider auch Blutvergießen) die Menschen dieser Zeit für ihre Ideale und Vorstellungen gekämpft haben.

Die am Anfang angekündigte Liebesgeschichte streift das Buch nur peripher und zieht sich doch ein klein Wenig wie ein Faden durch, wenngleich es um so viel mehr geht: Um Freundschaft, Verrat, Hoffnung, Mut und der Brutalität des Krieges, die aus einem gemeinsamen Miteinander plötzlich Feindschaft entstehen lässt.