Berührend aber nicht kitschig

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deborahs bücherhimmel Avatar

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Einer der Hauptgründe für mich, dieses Buch auf jeden Fall zu lesen (auch wenn ich es nicht bei vorablesen gewonnen hätte), war der Kommentar von Nina George zu Lily Olivers Geschichte. Und ich wurde auf keinen Fall enttäuscht.

Gwens und Noahs Geschichte hat mich wirklich berührt. Ich habe mir bisher wirklich noch keine Gedanken gemacht, wie sich der Empfänger nach einer Organspende fühlt und dass es für den einen oder anderen sicherlich auch seelische Probleme mit sich bringt. Man selbst lebt nur deshalb weiter, weil ein anderer gestorben ist. Es ist sicherlich alles andere als leicht, dieses große Geschenk des Lebens anzunehmen.

Gwens Schmerz und Verzweiflung spürt man am Anfang aus jeder Zeile. Hatte sie vorher so sehr auf ein neues Herz gehofft wird das neue Organ für sie nun zu einer großen Belastung. Umso schöner ist es, dass der Zufall und ein blödes Missverständnis dazu führt, dass Gwen Noah, den Moderator eines Forums rund um das Thema Organtransplantation, kennenlernt. Noah fühlt, wie sehr Gwen auf Hilfe angewiesen ist, die sie bisher von ihrer Familie leider nicht erhalten hat - außer in Form von gut gemeinten Ratschlägen für ihr weiteres Leben. Gwen droht an den Erwartungen aller anderen zu zerbrechen. Das geht soweit, dass sie ihr Herz verschenken möchte. Noah versucht indes, sie von ihrem Plan abzubringen.

Noah weiß zwar selbst nicht, wohin sein Leben führen soll, aber überraschenderweise kümmert er sich sehr einfühlsam und verständnisvoll um Gwen. Ich halte das für eine sehr mutige Entscheidung, denn immerhin ist sie in ihrer Verzweiflung stark suizidgefährdet. Trotz mancher Unsicherheit beweist Noah jedoch eine große Stärke - und das, obwohl natürlich ziemlich schnell auch bei beiden Gefühle ins Spiel kommen. Gefühle, die Schuldgefühle hervorrufen und weitere Unsicherheiten bringen.

Das Thema ist bewegend und es geht nicht spurlos an einem vorbei. Ich glaube, Lily Oliver ist es rundherum gelungen, die Gefühls- und Gedankenwelt einer Patientin darzustellen, die ein gespendetes Herz empfangen hat und damit psychisch nicht klar kommt. Gwen ist ein empfindsames, junges Mädchen, deren Welt bereits in den Jahren vor der OP ins Wanken geriet und die die Freude am Leben komplett verloren hat. Sie hat zu viele Menschen um sich herum (im Krankenhaus) sterben sehen und fühlt sich schuldig. Schuldig, weil sie die lebensrettende Spende erhalten hat und schuldig, weil ein Mensch gestorben ist und ihr dadurch ein neues Leben ermöglicht hat.

Lily Olivers "Die Tage, die ich dir verspreche" ist genau meins - noch nicht einmal der Aufkleber auf dem Buch war also gelogen. Ich freue mich schon jetzt auf zukünftige Bücher der Autorin.