Freud und Leid liegen dicht beieinander

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solengelen Avatar

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Klappentext:
Wie fühlt es sich an, das Herz eines Fremden in sich zu tragen? Dieser Frage widmet sich Lily Oliver in ihrem bewegenden Roman "Die Tage, die ich dir verspreche".
»Du hast Glück, Gwen, alles wird gut, Gwen.« Seit ihrer Herztransplantation hört Gwen nichts anderes mehr. Doch statt überschäumender Lebensfreude fühlt sie nur Schuld gegenüber dem Menschen, der für sie gestorben ist. Und so fasst sie in einer besonders verzweifelten Nacht einen ungeheuerlichen Plan: Sie will ihr neues Herz verschenken und sterben. Ihr entsprechendes Angebot in einem Internetforum liest dessen Moderator Noah, ein junger Student, der keinen großen Sinn in seinem Leben sieht. Er hält ihr Angebot für einen üblen Scherz, geht aber zum Schein darauf ein. Erst als Gwen am nächsten Tag vor ihm steht, um ihn beim Wort zu nehmen, erkennt er, wie schrecklich ernst es ihr ist. Nur mit einem gewagten Handel und einer furchtbaren Lüge kann er ihr das Versprechen abringen, ein paar weitere Tage durchzuhalten. Tage, in denen Noah alles daran setzen muss, Gwen von etwas zu überzeugen, woran er selbst kaum noch glaubt: Dass das Leben lebenswert ist.
"Eines der Bücher, aus denen man anders herausgeht als man hineinging: Mitfühlender, innerlich weiter, empathischer. Überzeugender als Jojo Moyes’ ‚Ein ganzes halbes Jahr‘, intensiv wie John Greens ‚Das Schicksal ist ein mieser Verräter‘. Und man weiß, wie dieses Geocaching eigentlich funktioniert." Bestseller-Autorin Nina George über „Die Tage, die ich dir verspreche"

Das Cover hat etwas fröhliches, lebensbejahendes an sich. Dieses Gefühl würde man Gwen wünschen. Eine junge Frau, die ein neues Herz bekommen hat. Sie hatte Glück ein geeignetes Spenderherz zu bekommen, zumal alles problemlos gelaufen ist. Heute soll sie aus der Reha entlassen werden, eigentlich sollte sie sich freuen, wären da nicht die furchtbaren Gedanken und das Fremde Gefühl. 
Der bildhafte, leise Schreibstil hat mich an Gwens Seite gezogen. Die Autorin versteht es, trotz des durchaus ernsten Hintergrunds durch eine leichte gut verständliche Sprache den Leser nicht zu überfordern. Ich konnte Gwens Schmerz beim Lesen fühlen. Ich hoffe, irgendwann fühlt sie sich, wie es das Cover verspricht.

Die Autorin lässt die beiden Hauptakteure abwechselnd erzählen. Man kann sich dadurch in die in die Beiden hineinversetzen. „Die Tage, die ich dir verspreche" ist ein Buch über Schuldgefühle, Trauer, aber auch über Liebe und Hoffnung. Es werden ernste Themen aufgegriffen. Hier werden sozusagen medizinische Eingriffe von der menschlichen Seite beleuchtet. Was macht es mit dem Empfänger eines Organs? Was geht in dem Menschen vor? Man würde doch denken, wenn aus medizinischer Sicht alles gut verlaufen ist, muss es dem Menschen doch wieder gut gehen. Man hält ihn vielleicht sogar für undankbar, wenn er keine Purzelbäume schlägt, wenn der Betreffende vielleicht sogar in Depressionen versinkt. Ich glaube man kann nicht nachvollziehen, wenn man es nicht selbst schon durchgemacht hat, was in dem Menschen vorgeht. Wie heißt es so schön in einem indianischen Sprichwort: Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin.