Geschenktes Herz

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borgeli Avatar

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Ich bin selbst organtransplantiert und interessiere mich für Bücher zu dem Thema. Allerdings bin ich bei Filmen und Büchern kritisch, wenn sie zu reisserische oder abstruse Stories haben. Bei diesem Buch erscheint der Aufhänger, dass Gwen mit ihrem geschenkten Organ mehr als unglücklich ist, erstmal eher negativ gegenüber Transplantationen zu sein. Und doch hat es mir gefallen.

Die Gefühlslage von Gwen wird nachvollziehbar beschrieben. Im Krankenhaus hat sie ihre schwerkranke Freundin Leni zurücklassen müssen, für die kein passendes Herz gefunden wurde. Gwen glaubt, dass sie diesem Geschenk nicht gerecht wird und findet, dass sie es dem Spender und dessen Angehörigen schuldig wäre, das gesunde Herz gut zu nutzen und glücklich darüber zu sein.

Gwen hat das Gefühl, in ihrem familiären Umfeld kein Verständnis für ihre Nöte zu finden und sucht Hilfe in einem Internetforum. Noah moderiert dieses Forum und so treffen die beiden online aufeinander. Durch gegenseitige Provokation und Falschverstehen kommt es zu der Situation, dass Gwen spontan von Berlin zu Noah nach München fährt. Gwen ist aus der Überzeugung heraus zu Noah gekommen, dass sie diesem ihr Herz weitergeben könnte. Noah erkennt die dramatische Lage, in der sich Gwen befindet, und versucht ihr zu helfen. Die beiden gehen liebevoll und behutsam miteinander um, sind aber fast nicht in der Lage, das schwierige Thema zu bewältigen. Für mich war es eine mal traurige, mal humorvolle Liebesgeschichte bei der besonders Noah eine herzliche und fürsorgliche Rolle gespielt hat.

Eine Erkenntnis aus Gwens Geschichte ist, dass eine Organtransplantation eine überaus komplexe Sache sowohl für den Patienten als auch seine Angehörigen ist. Sie haben meist über Jahre hinweg viel erdulden müssen und mit der lebensrettenden Operation wird eben nicht der Schalter umgelegt zum “alles-ist-gut”. Es bleibt eine Herausforderung, mit einer verbesserten Gesundheit seinen Weg in den Alltag zurückzufinden. Für Gwen wäre es sicher deutlich einfacher gewesen, wenn sie von einer Psychotherapie begleitet worden wäre. Ich fand es schön, dass diese Geschichte nicht feindseelig gegenüber Organtransplantationen erzählt wird.