Zu viele Zufälle

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mammutkeks Avatar

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So ganz kann sich Stefanie Kremser nicht entscheiden, ob sie nicht doch selbst den alternativen Reiseführer über Barcelona schreiben soll, der eigentlich der Protagonistin Anna Silber vorbehalten ist. Dieser Buchauftrag im Buch kommt für die junge Frau zur rechten Zeit, hat sie doch seit dem Unfalltod ihrer Eltern und des Bruders vor rund einem Jahr kaum etwas erledigen können. Und will sie doch seit langem in die Heimatstadt ihrer Mutter reisen. Nun kann sie das alles erledigen - und gleich auch noch ihre detektivischen Fähigkeiten ausleben. Kurz nach der Ankunft in Barcelona wird sie nämlich Zeugin eines zunächst als Selbstmord eingeschätzten Todes eines Mannes. Doch bald wird klar, dass es sich um Mord handelt. Um einen von sieben Morden, an deren Aufklärung Quim arbeitet, der Mann ihres schwulen Freundes Rafael.

Und die Wohnung von Rafael liegt genau in der Straße, in der das aktuelle Mordopfer vom Dach eines leer stehenden Hauses geworfen wurde. Nur einer von vielen Zufällen, die den Barcelona-Krimi von Stefanie Kremser bevölkern. Denn Anna erfährt - als unbeteiligte und ortsunkundige Frau - so viel mehr über die möglichen Hintergründe der Mordserie, dass es nicht mehr logisch ist. Viele Erkenntnisse werden noch nicht einmal erklärt, sondern erscheinen mehr oder weniger aus dem Nichts. Und so verpuffen auch die sozialkritischen Anklänge des Romans, die die Wohnungspolitik in Barcelona (und wohl nicht nur dort) anprangern. Werden Wohnungen doch häufig nicht renoviert, um die langjährigen Mieter herauszubekommen, da diese nur geringe Mieten zahlen, die Häuser aber durch Edelsanierungen deutlich besser vermietet werden können.

Auch die Protestbewegungen gegen diese Wohnungspolitik durch Hausbesetzer und Alternative ist ja eigentlich interessant, aber warum werden die Motivationen nicht intensiver beschrieben?

Nein, ein Krimi ist "Die toten Gassen von Barcelona" nicht, ein Reiseführer allerdings auch nicht, auch wenn die Stadtbeschreibungen einen größeren Rahmen einnehmen. Auch die eingestreute Gastrokritik bleibt seltsam uneingebunden - oder sollte nur eine weitere Besonderheit der spanischen Küche aufgegriffen werden, um die Liebesgeschichte zu untermalen?

Insgesamt hat mir der Roman wenig gefallen - zu viele Zufälle und Ungereimtheiten in der wenig spannenden Krimihandlung - und einen Reiseführer wollte ich sowieso nicht lesen.